Wahl in Berlin: CDU gewinnt, linke Reformer schwächeln
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Die Christdemokraten wurden mit Abstand die stärkste Kraft. Das ist nicht nur Folge eine widersprüchlichen linken Koalition, sondern auch Ergebnis einer rechts-populistischen Kampagne.
Am Sonntagabend lag das Karl-Liebknecht-Haus, der Sitz der LINKEN, einsam und verlassen da. Dort war nichts von einer Wahlparty zu hören und zu sehen. Dafür klangen aus dem Grünen Salon der nahen Volksbühne immer wieder Applaus und Jubel. Dorthin hatte die Initiative "Deutsche Wohnen und Co. enteignen" ihre Freunde und Helfer zu einer Party eingeladen.
Sie hatte Grund zum Feiern. Schließlich hat sie nicht zur Wahl einer Partei, sondern zur Abwahl der Immobilienlobby aufgerufen. Die SPD hat ihren Zahltag bei der Wahl erlebt und massive Stimmenverluste zu verzeichnen.
Die wirtschaftsliberale FDP, die, wie die taz kürzlich nachwies, nie gegen die 127 Enteignungsverfahren für Autobahn- und Straßenbau im vergangenen Jahr mobilisierte, aber am liebsten den Rückkauf von Wohnungskonzernen verbieten würde, scheiterte an der Fünf-Prozent-Hürde und wird im nächsten Berliner Abgeordnetenhaus nicht vertreten sein.
Linke reden sogar bei Wahlverlusten von Erfolg
Damit aber enden die Erfolge der Abwahlkampagne von DW-Enteignen. Aber heute reden Linke schon von einem Erfolg, wenn sie von einem schlechten Wahlergebnis noch einmal fast zwei Prozent verliert, wie die LINKE, und die AfD nur moderate ein Prozent zulegt. Dabei ist der Wahlverlust der LINKEN gleich in mehrfacher Hinsicht eine Niederlage.
Sie war die einzige Partei, die erklärte, das Ergebnis des Volksbegehrens DW-Enteignen umsetzen zu wollen. Wenn die Mehrheitsverhältnisse dafür da sind, muss natürlich hinzugefügt worden. Ein Zugewinn der LINKEN wäre als Signal verstanden worden, dass das Thema hohe Mieten sich zumindest ansatzweise im Wahlergebnis niederschlägt und wäre auch eine Ansage gewesen, dass das Votum des Volksentscheids auch im Abgeordnetenhaus nicht einfach ignoriert werden kann.
Wenn nur ein Bruchteil der 1.035.950 Personen, die dem Volksbegehren 2021 zugestimmt haben, der Partei die Stimme gegeben hätten, die sich für die zeitnahe Umsetzung einsetzt, hätte die LINKE auf jeden Fall zugewinnen müssen.
Ebenso hätte das große Engagement der Klimabewegung und deren Enttäuschung über die GRÜNEN nach der Räumung von Lützerath der reformökologischen Klimaliste eigentlich den Einzug ins Abgeordnetenhaus oder zumindest in einige Bezirksparlamente bringen müssen. Doch selbst im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, wo sie sich am ehesten Chancen auf einen Einzug ausrechnete, blieb sie bei 0,7 Prozent.
Das macht einmal mehr deutlich, dass die repräsentative bürgerliche Demokratie eben kein Ort für die Durchsetzung progressiver Forderungen ist. Das sehen auch viele der Aktivisten so. So lautete eine Parole bei der Demonstration von etwa 4.000 Klimaaktivisten am Freitag in Berlin "Selbstorganisation von unten statt Hoffnung auf Wahlen".
Nur ist es mit dieser Selbstorganisation eben aktuell auch nicht besonders weit her. Gäbe es aktuell eine machtvolle außerparlamentarische soziale Bewegung, dann wären die Stimmverluste der unterschiedlichen Fraktionen der Reformlinken kein Problem.
Rechte Kampagne für Law and Order und für freie Fahrt für freie Bürger
Doch in einer Flaute, die selbst vor der einst starken Mieterbewegung in Berlin nicht Halt macht, kann die traditionell konservative Partei des Hausbesitzerblocks, die CDU, kräftig zulegen und die offen rechte Fraktion, die AfD, leichte Zugewinne verbuchen. Dieses Ergebnis ist auch das Ergebnis einer gezielten rechten Kampagne.
Der ehemalige Bild-Chefredakteur Julian Reichelt hat mit seinem YouTube-Kanal "Achtung Reichelt" ein reichweitenstarkes rechtes Medium aufgebaut. Zu seinen Mitarbeitern gehört mit Jan Karon ein Journalist, der noch vor wenigen Jahren in der Sendung "Schattenwelt Berlin" über die Entmietungsmethoden von Immobilienkonzernen wie Padovicz informierte.
Heute arbeitet Karon für einen Kanal, der Law and Order, die Ablehnung von Klimaaktivismus, Feminismus und das Schüren ethnisierender Ressentiments mit einem Bekenntnis zur uneingeschränkten Freiheit des Kapitals verbindet. So empörte sich Reichelt in den letzten Sendungen vor den Berliner Wahlen darüber, dass unter der linksreformistischen Regierung Volksbegehren wie "Deutsche Wohnen und Co. enteignen" und das für ein unbebautes Tempelhofer Feld überhaupt zugelassen wurden.
Ihm ist nur entgangen, dass das Recht auf Volksbegehren in Berlin unabhängig von der Zusammensetzung des Senats besteht, dass alle Volksbegehren von den Behörden oft sehr lange auf ihre Zulässigkeit geprüft wurden und dass sie ohne Unterstützung einer Regierung mit großem Vorsprung erfolgreich waren.
Das Programm von Reichelt und Co. ist der weitgehende Abbau der Mitbestimmung der Bevölkerung und die besonders brutale Durchsetzung von Kapitalinteressen gegenüber Mietern, Arbeitern und der armen Bevölkerung.
Die Verachtung für diese Menschen, wenn sie sich für ihre Rechte einsetzen, kommt in den Sendungen des populistischen YouTubers deutlich zum Ausdruck. Er verweist auf die Steuerzahler, die alles bezahlen müssten.
In der letzten Sendung vor der Wahl hat Reichelt seine Agenda offen benannt. Er rief dazu auf, wählen zu gehen, egal wen, nur nicht die Parteien der derzeitigen linksreformistischen Regierung. Über die AfD verlor er kein kritisches Wort. Zudem reklamierte Reichelt für sich als Erfolg, dass es ihm und anderen rechten Medien gelungen sei, die CDU durch eine Kampagne zu den Silvesterkrawallen zu stärken.
In diesen Medien präsentiert sich ein Eigentümerblock, der in der AfD ausdrücklich einen Partner im Kampf gegen die verhasste Linke sieht, zu der Reichelt und Co. von Feministinnen über Klimaaktivisten hin zu kritischen Gewerkschaftern und Mietern alle zählen, die die Profitmargen des Kapitals schmälern könnten.
Reichelt wendet sich direkt an die Autofahrer, die angeblich durch eine grüne Verbotspolitik schikaniert würden. Damit ist er nicht allein. In den vergangenen Wochen wurden in Berlin anonyme Flugblätter verteilt, in denen Autofahrer aufgefordert wurden, die bisherigen Regierungsparteien abzuwählen. Auch hier wurden CDU- und AfD-Wähler gezielt angesprochen.
Mit diesen Kampagnen greifen die Rechten auf Methoden zurück, die bereits vor 25 Jahren in West-Berlin von der Partei der Republikaner angewandt wurden. Auch sie mobilisierten damals nicht ohne Erfolg die angeblich vom Senat aus SPD und Alternativer Liste unterdrückten Autofahrer. Heute haben die rechten Medienkampagnen allerdings ein viel größeres Verbreitungsgebiet.
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