Wahlen in Island: "Klimaschutz durch Eigennutz"

Bild: Andreas Tille/CC BY-SA 3.0

Die links-grüne Premierministerin wird nicht weiterregieren können. Die konservativen Wahlsieger erklären, dass es im Klimawandel auch Chancen für Landwirte gebe

Die grün-konservative Regierungskoalition in Island kann nach den Parlamentswahlen weitermachen - die drei Parteien erreichen zusammen 37 Sitze von 63. Vor vier Jahren waren es noch 33.

Doch die Premierministerin Katrin Jakobsdottir wird nicht weiter regieren können, ihre Partei, die Links-Grünen, hat drei Sitze verloren und ist mit acht Sitzen zum kleinsten möglichen Koalitionspartner geschrumpft. Somit werden auch in Sachen Klimapolitik, EU-Beitritt und Privatisierung des Gesundheitswesens die Konservativen mehr entscheiden wollen.

Als Gewinner gilt Bjarni Benediktsson, der derzeitige Finanzminister und vormalige Premierminister, der in dieses Amt zurückkehren will - trotz einiger Skandale in der Vergangenheit. "Ich glaube, wir haben die Pflicht, diese nachhaltige Arte der Zusammenarbeit weiterzuführen", so der Vorsitzende der konservativen Unabhängigkeitspartei vor den künftigen Koalitionsgesprächen.

Seine Partei wird 16 Sitze erhalten, gefolgt von dem konservativ-mittigen Bündnispartner "Fortschrittspartei", der die Interessen der Landwirte und Fischer vertritt, die auf 13 Sitze kommt.

Recht klar scheint, dass ein EU-Beitritt für das Land, das dem Wirtschaftsraum EFTA angehört, nicht auf der Agenda stehen wird. Die Parteien mit den größten Stimmanteilen gelten als die entschiedensten Gegner einer Mitgliedschaft. Im Jahre 2009 wurden Beitrittsverhandlungen begonnen, die vier Jahre später auf der Insel wieder beigelegt worden sind.

Auch das Versprechen der Premierministerin, Islands Wirtschaft nach den Wahlen in eine "grüne und nachhaltige" umzuwandeln, darf mit einem Fragezeichen versehen werden. Island kooperiert mit der EU in Klimafragen und die bisherige Regierung hat sich ein Reduzieren des Ausstoßes von Treibhausgasen um 40 Prozent bis 2030 zum Ziel gesetzt. Trockengelegte Feuchtgebiete produzieren in Island erhebliche Treibhausgase, diesen Prozess machte die Regierung teils rückgängig.

Die Landwirte

Doch bei den Landwirten kommt dies nicht so gut an. Die bäuerliche Fortschrittspartei kann dem Klimawandel auch positive Seiten abgewinnen, so etwa, dass auf Island wieder mehr wachsen würde. So zumindest äußerte sie sich in einer Stellungnahme von 2015. Die folgenden unverhältnismäßig warmen Sommer samt schmelzender Gletscher brachten das Thema globale Erwärmung zwar weit mehr in das Bewusstsein der Bevölkerung.

Doch erklärt die Unabhängigkeitspartei, die Traditionspartei des Landes, die lange Jahre durchgehend regierte, in ihrem Parteiprogramm, dass es im Klimawandel auch Chancen für die Landwirte gebe. Die Partei hat auch keine Ziele zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen vorgegeben. Der Staat solle sich mehr zurückziehen, positive Anreize setzen, anstatt Verbote aussprechen. Eigentumsrechte und privates Unternehmertum seien der beste Naturschutz.

Auch beim großen Thema Gesundheitswesen, das über zwei Drittel der Isländer für wichtig halten, wird ähnlich gedacht.

Gesundheitswesen: Konservative wollen privatisieren

Die Epidemie hatte Island auf den ersten Blick gut im Griff - bislang starben nur 33 Personen der Insel mit seinen rund 360.000 Einwohnern. Über 77 Prozent sind vollständig geimpft (vgl. dazu: Die geimpfte Gesellschaft: Island auf der Suche nach dem neuen Kurs), unter anderem dank Massenimpfungen in einer Sporthalle in Reykjavik. Auch die digitale Erfassung vieler Daten der Insulaner sowie die Sequenzierung der positiven Coronatests, half, die Verbreitung des Virus einzudämmen.

Doch das Gesundheitssystem wurde stark finanziell belastet, es gab und gibt Warteschlangen und überlastetes, schlecht bezahltes Personal. Die Konservativen wollen es nun privatisieren, linke Parteien fürchten eine Zwei-Klassengesellschaft.

In Island setzt sich der skandinavische Trend hin zur Sozialdemokratie und zu einem Erstarken anderer linker Parteien nicht fort. In Schweden, Finnland und Dänemark regieren die Sozialdemokraten, unterstützt oder in Koalition mit linken Parteien, in Norwegen wird gerade eine sozialdemokratische Regierung gebildet.

Einen Linkstrend gibt es jedoch auch auf der Insel - die neugegründete Partei Die Sozialisten, die sich gegen Privatisierung, Kapitalismus und für eine deutliche Steuererhöhung einsetzt, erreichte aus dem Stand über vier Prozent und somit fast die Hürde für das Parlament.