Wahljahr 2017: Alles auf die AfD ausgerichtet?
Seite 2: Sahra Wagenknecht und ihre angebliche Nähe zur AfD
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Auch die Spitzenkandidatin der Linkspartei Sahra Wagenknecht steht wieder einmal in der Kritik von Grünen, SPD und auch Teilen ihrer eigenen Partei, weil sie im Interview mit dem Deutschlandfunk erklärt hat, dass sie den Teil der AfD-Wähler gewinnen will, die aus Unzufriedenheit und nicht aus Überzeugung die Rechtspartei wählen.
Sie wolle denen signalisieren, dass es eine sozialere Gesellschaft nicht mit der AfD, sondern nur mit der Linken geben kann. Nun kann Wagenknecht mit Recht darauf verweisen, dass die Analysen der Wählerwanderungen deutlich machen, dass ein Teil der heutigen AfD-Wähler noch vor knapp 10 Jahren die Linke gewählt hat, weil es in ihnen in erster Linie darum ging, ihre Unzufriedenheit auszudrücken.
Doch die Frage, ob es einem Großteil von ihnen wirklich darum geht, soziale Unzufriedenheit auszudrücken, oder ob sich nicht in dem Wahlverhalten auch ein tendenziell rassistischer Erklärungsansatz ausdrückt, ist auf jeden Fall ein berechtigter Gegeneinwand. Das würde Wagenknecht nun aber noch nicht in AfD-Nähe bringen, wenn sie sich nach dem von ihr selber vorgestellten Drehbuch hält.
Es gehe darum, diesen Wählern aufzuzeigen, dass es mit der Linken eine sozialere Alternative gibt. Wenn die aber nicht angenommen wird, müsste auch klar sein, dass es gar nicht um einen sozialen Protest, sondern schlicht um die Ablehnung von Migranten geht.
Wenn dann aber mit dem Argument, wir müssten die Sorgen und Ängste der Menschen ernst nehmen, auch da noch weitere Angebote nachgeschoben werden, wäre die Kritik an Wagenknecht auf jeden Fall berechtigt. Tatsächlich wird sie bei aller Kritik diesen Wahlkampf der Linken weitgehend bestimmen. Das Ergebnis wird auch etwas darüber aussagen, welchen Einfluss sie nach den Wahlen noch in der Partei haben wird.
Erlangt die Linke ein deutlich zweistelliges Ergebnis, wie Wagenknecht im Deutschlandfunk-Interview als Zielmarge nannte, wird der Erfolg ihrer Strategie angerechnet werden. Stagniert die Linke oder verliert gar, wird auch dieser Malus ihr angerechnet. Die innerparteilichen Kritiker, die dann auf eine Entmachtung Wagenknechts drängen, warten auf jeden Fall auf ihre Chance.
Denn hier geht es auch um zwei unterschiedliche Politikentwürfe für die Linkspartei, die beide den Anspruch haben, für eine moderne linke Reformpolitik zu stehen. Wagenknecht gibt da eher die Traditionssozialdemokratin, die ihre Partei links von der SPD positioniert und sich vor allem auf Fragen von sozialer Gerechtigkeit konzentriert.
Den Kapitalismus stellt sie schon lange nicht mehr in Frage. Da waren die Jusos und selbst die IG-Metall vor 40 Jahren noch deutlich systemkritischer. Der andere Flügel will die Linke eher als Teil der ominösen offenen Gesellschaft nah bei den Grünen positionieren. Dort geht es eher um Teilhabe und um den Abbau von Diskriminierungen. Soziale Gerechtigkeit ist dort eher ein Thema von vorgestern.
Die Vorstellung, dass man auch in einem Reformprojekt, unabhängig davon, wie realistisch die Umsetzungschancen sind, Fragen von sozialer Gerechtigkeit und von Minderheitenrechten nicht konträr, sondern zusammendenken muss, scheint sich in der Praxis schwerer durchzusetzen, als das große Interesse an Didier Eribon, dessen Bestseller Rückkehr nach Reims ja genau das zum Thema hat, vermuten lässt.
Solchen Diskussionen lässt sich natürlich gut aus dem Weg gehen, wenn man lieber die Kontrahenten zu Epigonen der AfD erklärt. Die AfD kann sich über diese Vergleiche freuen, zeigen sie doch, wie stark sie schon die Innenpolitik im Wahljahr 2017 bestimmt.