War Games 2002
Noch sind anstatt der thermonuklearen "nur" thermobarische Bomben im Einsatz
Lange bevor man an das Internet dachte, betätigte sich der Schüler David Lightman bereits als Hacker. Computerspiele üben auf ihn eine besondere Anziehungskraft aus. So versucht er sofort, sich in den Rechner einer Firma einzulocken. Dabei landet er jedoch zufällig in einem System, in dem man merkwürdige Spiele wie "Weltweiter thermonuklearer Krieg" spielen kann. Womit er nicht rechnet: Es handelt sich hier um keine Simulation, sondern er ist direkt im Rechner des US-Verteidigungsministerium eingeloggt.
Was 1982 Regisseur John Badham in War Games noch als Utopie erschien, wirkt heute wie US-Realität, jedoch mit einem Unterschied, kein Computer mit dem unschuldigen Namen "Joshua" will das Spiel nun unbedingt zu Ende spielen und riskiert für die Erde den 3. Weltkrieg und den atomaren Overkill, sondern es sind leibhaftige Minister und "Berater" des US-Präsidenten. Noch spielen sie praktisch "nur thermobarisch" und nur theoretisch thermonuklear.
Globale Suche nach Unterirdischen
Eine ungeheure Maschinerie von Spionagesatelliten, seismographischen Stationen und Erdsonar- und Wärmedetektoren der USA konzentriert sich weltweit auf das Leben im Untergrund, nicht nur und nicht erst seit der Suche nach Bin Laden, wie MSNBC feststellte.
Selbst in der Nacht und bei schlechtem Wetter sind die amerikanischen Hightech-Krieger längst nicht mehr blind. Aufklärungsflugzeuge sind mit Sensoren ausgestattet, die Temperaturunterschiede und Magnetfelder registrieren können. Dies erlaubt es einerseits, Bewegungen von Menschen auch in der Dunkelheit auszumachen. Andererseits lässt sich erkennen, ob Höhlen oder Tunnel bewohnt sind. Denn Belüftungsschächte lassen vor allem im Winter leicht erkennbare Abwärme entweichen, auch wenn die Verstecke tief unter dem Boden sind. MSNBC vermutet, dass auch das umstrittene HAARP-Projekt in Alaska , in die Überwachung weltweiter unterirdischer Aktivitäten eingebunden ist (Heiße Elektronen; Krieg im 21. Jahrhundert).
Sind die Zufluchtsorte erst einmal bekannt - unterirdische Anlagen natürlichen wie künstlichen Ursprungs sind weltweit bekannt oder Human Underground -, steht den USA ein riesiges Arsenal an potenten nuklearen wie konventionellen Angriffswaffen zur Verfügung.
Schon oft eingesetzt worden sind die so genannten "Bunker Buster", Laser gelenkte Bomben, die bis zu 30 Meter tief in den Boden eindringen können, bevor sie explodieren. Im Einsatz stehen offenbar auch schon eine mehr als doppelt so starke Bunkerbombe mit 60 Meter Tiefgang sowie eine neuartige Schnellfeuerkanone, die selbst meterdicken Fels und Beton durchdringen kann.
Thermobarische Druckwellen
Die USA setzten in der ostafghanischen Region um die Bergfestung Tora Bora die größte konventionelle Bombe der Welt ein. Seit dem Vietnam-Krieg heißt sie Daisy Cutter, weil die Bombe im Dschungel Bäume wie Gänseblümchen abmähte. Sie wurde in Vietnam vor allem zur Schaffung von Landeplätzen im Dschungel verwendet, ist so groß wie ein Mittelklasse-Auto und kann mit ihrer Zerstörungskraft eine zwei Fußballfelder große Fläche verwüsten . Die populärwissenschaftlich "Benzinbombe" titulierte und gefürchtete Waffe wird von Flugzeugen aus mindestens 1.800 Metern Höhe abgeworfen, sinkt am Fallschirm zur Erde und wird kurz vor der Landung gezündet. Im Feuerball des mit einer gewaltigen Druckwelle explodierenden Luft-Benzin-Gemisches, das in der neueren Version zur Erhöhung der Sprengkraft noch mit Aluminiumpulver angereichert ist, wird alles Leben im Umkreis von 500 Metern vernichtet. Im Golfkrieg 1991 wurde die Bombe, von der auch eine verheerende psychologische Wirkung ausgeht, vor allem zur Räumung irakischer Minenfelder eingesetzt.
Die weitaus verheerendste Wirkung haben indes die so genannten thermobarischen Bomben. Sie bringen ein Benzin-Luft-Gemisch zur Explosion und können als Lenkwaffen in geschlossenen Höhlen, Bunkern und unterirdischen Anlagen wie z.B. U-Bahnschächten gezündet werden. Hier verursachen solche Sprengsätze eine lange anhaltende Druckwelle, die sich selbst durch weit verzweigte oder mit Stahltüren geschützte Gänge ausdehnt und alles Leben und Material zerstört. Das Problem ist nur, sie im Innern zu platzieren und detonieren zu lassen, damit sie die gewünschte Wirkung entfalten können.
Joint Direct Attack Munition (JDAM), thermobarisch umgerüstet
An den Begriffsverwirrungen in den Medienberichten der letzten Wochen ist nicht zuletzt die Desinformation des Pentagon schuld. Sowohl die Flächenbombe "Daisy Cutter" wie auch die thermobarischen Lenkwaffen sind thermobarische Bomben, Vakuumbomben oder "fuel air explosives" (FAE). Beide entfalten Hitze und Druckwirkung, beide sind mit diversen Aerosolen gefüllt.
Bei den im Hindukusch neu eingesetzten thermobarischen Bunkerbustern handelt es sich um herkömmliche Mk-83, BLU-109 oder Mk-84 Bomben, die mit einem Trägheits-Lenksystem und einem GPS-Empfänger ausgestattet wurden. Sie werden, ungeachtet ihrer Sprengstoffladung, als Joint Direct Attack Munition (JDAM) bezeichnet, thermobarisch macht sie nur die Füllung mit einer explosiven Treibstoffmischung statt mit herkömmlichen Sprengstoffen. Zu Beginn der Flugphase nach dem Abwurf oder, besser, nach dem Start arbeitet ein Trägheitslenksystem, in das die Zielkoordinaten vor dem Start des Trägerflugzeugs oder später per Funk eingegeben werden. Die Zielkoordinaten von Fernaufklärungsflugzeugen oder Satelliten können ebenfalls verwendet werden. In der Endflugphase geht die Bombe mit Hilfe des aktiven Selbststeuerungskopfes - das Allwetter-Leitsystem für die JDAM-Einheit verfügt über interne Sensoren, Gyroskope kombiniert mit einer geheimen militärischen Version eines GPS-Empfängers zur Selbststeuerung über. Somit werden "primitive" Freifallbomben in intelligente Präzisionswaffen konvertiert. Hersteller ist der Boeing-Konzern, er verspricht eine Garantie von 20 Jahren. Folgende Namen sind vergeben worden:
GBU-29 = Mk-80 (113 Kilogramm)
GBU-30 = Mk-81 (227 Kilogramm)
GBU-31 = Mk-83 (454 Kilogramm) = BLU-110
GBU-32 = Mk-84 (908 Kilogramm) = BLU-109
Die Mindestentfernung zum Ziel beim Entgleiten vom Trägerflugzeug beträgt 8 Kilometer, die Maximalentfernung 14 Kilometer. Die Treffergenauigkeit wurde bisher mit max. Abweichung von 3 Metern vom Ziel angegeben. Offenbar werden neuerdings auch noch zusätzlich Elemente der Präzisonslasersteuerung verwendet, um die Treffergenauigkeit bei unterirdischen Zielen zu erhöhen. Bei den beiden in den letzten Wochen in Afghanistan unter großer Medienanteilnahme eingesetzten Bomben muss es sich um solche Prototypen der von Lockheed Martin produzierten BLU-109 Bombe gehandelt haben, die mit einer speziellen Aerosolmischung geladen war. Auch diese Bombe, als BLU-118/B, manchmal auch als BLU-118/S bezeichnet, soll sich nur durch die "Füllung" von der herkömmlichen BLU-109 unterscheiden.
"The BLU-118/B uses the same penetrator body as the standard BLU-109 weapon. The significant difference is the replacement of the high explosive fill with a new thermobaric explosive that provides increased lethality in confined spaces. The new warhead uses a Fuze Munition Unit (FMU)-143J/B to initiate the explosive. The FMU-143 fuze has been modified with a new booster and a 120-millisecond delay. All weapon guidance systems and employment options currently used with the BLU-109 warhead are compatible with the new BLU-118/B warhead."
Sie verspricht allerdings "increased lethality" (erhöhte Todesquoten) im Zielbereich. Aus Andeutungen des Pentagon kann abgeleitet werden, dass beide Bomben neben Aerosolen zusätzlich auch noch auch mit PLASTIC BONDED EXPLOSIVES" (PBX), also einer Komposition von granularen Sprengstoffen und Polymeren geladen gewesen sein könnten. Diese tödliche Mischung ist der ganze Stolz des französischen Konzerns SNPE Explosives & Propellants. Welche der hier von SNPE unter High Explosives spezifizierten Materialien in Frage kommt, darüber wird noch heftig spekuliert. Nicht ungelegen kommen der US-Kriegsforschung die Erkenntnisse russischer Pyrotechnik-Spezialisten, die nicht nur im Internet, sondern auch für wenig Geld direkt zu bekommen sind.
Der II. Boeing-Krieg ist schon gewonnen
Boeing wins $480 million order for 'smart' bombs.
Mit einem neuen Auftrag in Höhe von 480 Millionen US-$480 für 11332 JDAM-Bomben, ob mit Sprengstoff oder Aerosol gefüllt nett als "smart" Bomben umschrieben, zeigt sich Boeing schon als eigentlicher Kriegsgewinner. Ferner zeigt der Auftrag, dass die Bush-Regierung offenbar vorhat, noch viele Bomben, thermobarisch wie konventionell, zu werfen oder besser zu steuern. Angesichts der Monopolstellung des Firma als Rüstungslieferant der US-Regierungen bezeichnet der Politikwissenschaftler Douglas A. Van Belle von der University of New Orleans den Afghanistankrieg gegenüber Telepolis als den zweiten Boeing-Krieg. Der erste "Boeing War" fand für Van Belle gemeinhin als Kosovo-Krieg benannt gegen Jugoslawien statt.
Die globale thermobarische Vernichtungsfamilie
Britische wie russische thermobarische Arsenale sind bekannt und in Afghanistan wiederholt sich perfektioniert, was dort schon einmal von Sowjet-Truppen versucht wurde und später von russischen Flugzeugen über Tschetschenien fortgesetzt wurde. Große Bedenken sollte jedoch die Formulierung eines britischen Regierungsvertreters aus dem Jahr 2000 auslösen, man entwickle eine präzise thermobarische Waffe für den Krieg in städtischem Umfeld:
"A spokesperson said the government was looking at procuring an anti-structure weapon for use by infantry in urban areas which "may involve a thermobaric solution."
Bei Betrachtung der engen Allianz zwischen dem US-amerikanischen und britischen militärisch-industriellen Komplex könnten hier die Wurzeln für eine 100 % tödliche Strategie des vorbereitenden oder zusätzlichen thermobarischen Waffeneinsatzes in Kombination mit der nuklearen Option versteckt liegen, auch bei künftigen Kriegen in städtischen Metropolen. Selbst im tiefsten Bunker neben dem U-Bahn-Schacht gäbe es kein Überleben mehr (Thermobarische Bomben und das Internationale Recht).
Thermobarische Waffen = C-Waffen
Britische, russische und US-amerikanische Experten singen gemeinsam das Rechtfertigungslied, bei den Waffen handele es sich doch um erlaubte Waffensysteme, obwohl selbst Militärexperten wie Clay Risen vom Flakmagazine betont, die Waffe hinterlasse größere Mengen toxischer Chemikalien, die nicht verbrennen und die Menschen wie Ackerland nachhaltig vergiften.
The defence ministry spokesperson said that unlike land mines, thermobaric munitions were not outlawed by the Geneva Convention, and that any weapons developed by Britain would be "in accordance with international law."
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Auch die qualvolle grausame Todesart mit Verbrennungen, zerplatzenden Lungen und Trommelfellen und Herausquellen der Augen aus den Augenhöhlen erscheint nach dieser Betrachtungsweise human zu sein und mit den Bestimmungen der Genfer Konvention überein zu stimmen. Solche Bomben verwandeln Militärs und Politiker, die sie einsetzen werden, zu Metzgern, kommentierte Simon Jenkins in The Times. Auch in der sog. Dritten Welt ist die Waffe bereits im gnadenlosen Bürgerkriegseinsatz, siehe das Beispiel Sri Lanka. Das Spiel "weltweiter thermobarischer Krieg" hat tatsächlich schon begonnen.