Warten auf den 4. Mai

Grafik: TP

Bund und Länder haben in einer Videokonferenz Beschlüsse zum weiteren Vorgehen in der Coronakrise gefasst

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Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat heute mit Vertretern der deutschen Bundesländer über das weitere Vorgehen in der Coronakrise verhandelt. Vorher an die Medien gedrungenen übereinstimmenden Berichten nach einigte man sich dabei auf eine Verlängerung der Ausgangs- und Kontaktsperren bis zum 3. Mai. In den zweieinhalb Wochen bis dahin will die deutsche Staatsführung die Testkapazitäten und die Zahl der Intensivbetten in Krankenhäusern vergrößern und Pflegeeinrichtungen und Unternehmen mit Schutzmasken ausstatten.

In einem vorher von Vertretern der Bundesregierung und der Staatskanzleien ausgearbeiteten Eckpunktepapier zur Verlängerung der Maßnahmen heißt es, außerdem würden in "kleinen Schritten […] die gestörten Wertschöpfungsketten" wiederhergestellt. Als erstes sollen - wie bereits gestern in Österreich - kleinere Geschäfte wieder öffnen dürfen. Die Verkaufsflächenobergrenze für deren Wiederzulassung liegt bei 800 Quadratmetern.

Beim Besuch dieser Geschäfte empfehlen die Politiker aber nun "dringend" das Tragen jener Schutzmasken, die sie für den Privatgebrauch als nicht sinnvoll erklärten, als diese Textilien noch knapper waren (vgl. Masken: Sind die Chinesen übervorsichtig?). Auch im öffentlichen Nahverkehr sollen die Bürger nun nicht mehr darauf verzichten.

Abschlussklassen zuerst

Friseure sollen die sich unfreiwillig den Haarmoden der 1970er Jahre nähernden Auswüchse "unter Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen sowie unter Nutzung von persönlicher Schutzausrüstung" stutzen dürfen. Auch Einrichtungen wie Zoos, botanische Gärten und Bibliotheken, in denen Besucher im Regelfall ausreichend Platz haben, dürfen bald wieder öffnen, wenn nichts dazwischenkommt. Stadionfußballspiele und andere Großveranstaltungen bleiben dagegen bis zum 31. August untersagt.

Bezüglich der Schulen gab es unterschiedliche Meinungen dazu, ob (wie in Dänemark) erst Grundschüler wieder unterrichtet werden sollen, um Eltern und Nachbarn im Home Office zu entlasten, oder ob wegen der auch Distanzratschläge betreffenden Unvernunft kleinerer Kinder besser größere die Vorhut bilden. Der Kompromiss, der hier gefunden wurde, sieht vor, dass ab dem 4. Mai zuerst die Abschlussklassen, die Klassen davor und die Übertrittsklassen der Grundschulen wieder zum Unterricht gebeten werden.

Laschet vs. Söder

Ob und wie die Vereinbarungen konkret umgesetzt werden, bleibt allerdings Ländersache, wie der Berliner Bürgermeister Michael Müller heute betonte. Und in den Ländern gibt es unterschiedliche Ansichten zum weiteren Umgang mit der Krise. Die beiden Pole bilden hier Armin Laschet aus Nordrhein-Westfalen (CDU) und Markus Söder aus Bayern (CSU). Während Laschet für eine baldige und umfassende Lockerung des Lockdowns plädiert, mahnt Söder vor einer zu frühen Entwarnung. Auf Wissenschaftler, die ihre jeweilige Meinung stützen, können dabei beide zurückgreifen: Laschet auf das Göttinger Max-Planck-Institut und Söder auf das Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung.

Unterschiedliche Regelungen nach dem 3. Mai wären allerdings kein Unterschied zur Situation davor: Baumärkte etwa haben in manchen Bundesländern geöffnet, in anderen sind sie geschlossen oder nur für ausgewiesene Handwerker zugänglich. Sogar einzelne Kommunen handhaben Verbote unterschiedlich und nicht immer in einer für den Bürger nachvollziehbaren Weise. In München beispielsweise hat man knappe Polizeiressourcen dazu eingesetzt, ein Restaurant zu überwachen, das seinen Gästen die Menüs in die Autos auf dem Parkplatz brachte, wo der Mindestabstand zu anderen Kunden gewahrt wurde.

Differenzieren kann sinnvoll sein

Den Mannheimer Volkswirtschaftlern Harald Fadingerund Jan Schymik nach können Unterschiede bei den Corona-Maßnahmen aber durchaus sinnvoll sein: Sie haben angemerkt, dass sich das coronamaßnahmenbedingte rapide Sinken des deutschen Bruttoinlandsprodukts potenziell verlangsamt, wenn man die Kontakteinschränkungen für unterschiedliche Berufszweige unterschiedlich lang und streng gelten lässt: Arbeiter in der petrochemischen und chemischen Industrie, im Automobilbau oder im Telekommunikationsbereich tragen nämlich deutlich mehr zur Wirtschaftsleistung bei als Gehaltsempfänger in anderen Branchen.

Darüber hinaus empfehlen die Mannheimer Volkswirtschaftler der Politik und den Managern, Arbeitnehmer "auch in der Phase der Reaktivierung der Wirtschaft" im Home Office arbeiten zu lassen. Bei der Auswertung der Statistiken stellten sie nämlich einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Anteil der heimbürofähigen Arbeitsplätze und der Zahl der Sars-CoV-2-Infektionen fest: Je höher der Anteil der heimbürofähigen Arbeitsplätze in einer Region ist, desto weniger Sars-CoV-2-Ansteckungen gibt es dort.

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