Warum die Mindeststeuer wenig bringt
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Eine Studie der Linkspartei macht deutlich, warum sogar Google, Amazon und Co den ohnehin stark verwässerten Vorstoß begrüßen
Es war grundsätzlich ein begrüßenswerter Vorstoß des neuen US-Präsidenten Joe Biden und seiner Finanzministerin Janet Yellen im Frühjahr, auf eine globale Steuerreform mit der Einführung einer Mindeststeuer zu drängen. Dabei hatte Biden vor allem die Digitalwirtschaft und Konzerne wie Amazon im Blick. Die sollten ihre Gewinne nicht weiter in "Steueroasen verstecken" können.
Da aber nur eine Mindeststeuer von 21 Prozent angepeilt war, war schon klar, dass es die "Zeitenwende" und eine "revolutionäre" Veränderung nicht geben würde, von der dabei fabuliert wurde. Allen war klar, dass der Vorstoß verwässert werden würde, vor allem auch deshalb, weil sich Politiker wie der damalige Bundesfinanzminister Olaf Scholz nicht klar hinter einen solchen Steuersatz stellten, wie schnell kritisiert worden war.
Das war im Wahlkampf vor den Bundestagswahlen heute auch deshalb bedeutsam, weil Kanzlerkandidat Scholz und seine Sozialdemokraten (SPD) trotz der Verwässerung weiter von einer "Steuerrevolution" sprechen.
"Recht auf Steuerhinterziehung"
Kritiker haben angesichts des vielen Wassers, das inzwischen in diesen Wein gegossen wurde, herausgearbeitet, dass mit dieser Reform sicher kein Ende für das ruinöse "globale Steuerdumping" kommen werde. Besonders weit hatte sich zum Beispiel der renommierte französische Wirtschaftswissenschaftler Thomas Piketty aus dem Fenster gelehnt. Er resümierte nach der Zustimmung durch die G7-Staaten sogar: "Die G7 legalisiert das Recht auf Steuerhinterziehung."
Experten hatten schon frühzeitig vorgerechnet, dass jeder Steuersatz unter 25 Prozent zu niedrig sei, um den ruinösen Wettlauf nach unten zu beenden. Davon, den Steuersatz von den ursprünglich genannten 21 Prozent weiter anzuheben, war bei den Gesprächen auf dem internationalen Parkett aber natürlich keine Rede, nicht einmal die 21 Prozent wurden verteidigt.
Tatsächlich wurde die Mindeststeuer, die Säule II der globalen Steuerreform, sogar auf 15 Prozent abgesenkt. Dazu erklärte Piketty, dass das "nicht mehr und nicht weniger als die Formalisierung einer echten Lizenz zum Betrug für die mächtigsten Akteure" sei.
Im weiteren Verlauf der Verhandlungen im Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wurden zudem Ausnahmen, unter anderem für Banken, eingebaut. Sogar die Sprecherin der Grünen war darüber entsetzt und sprach nun von einem "Schweizer Käse mit riesigen Löchern".
Deshalb wollte sogar Scholz das Wort "historisch", wie in seinen früheren Stellungnahmen, nicht mehr in den Mund nehmen. Er nannte die Einigung in der OECD aber immer noch einen "kolossalen Schritt" und meinte: "Der Steuer-Wettbewerb nach unten ist vorbei."
Propaganda
Das kann getrost in die Liste der Propagandaverlautbarungen eines Kanzlerkandidaten im Vorwahlkampf eingetragen werden. Ein globaler Steuersatz, der nahe am Niveau von Steueroasen wie Irland (12,5 Prozent) liegt, wird vermutlich die Negativspirale sogar weiter antreiben und den Druck auf die Länder erhöhen, in denen die Steuersätze für Unternehmen wie in Frankreich oder Deutschland deutlich höher sind. Von einer durchschnittlichen Körperschaftssteuer von etwa 50 Prozent im Jahr 1985 ist sie weltweit inzwischen auf 22 Prozent gesunken.
Wie erwartet, ist auch die geplante Digitalsteuer gefallen, zumindest wurde sie von der EU zwischenzeitlich auf Eis gelegt. Auch darüber sollten Google, Apple und Co auf EU-Ebene besteuert werden, um Einnahmen zu generieren, mit denen der Schuldendienst für den "Wiederaufbaufonds" geleistet werden sollte. Bekanntlich hat die EU im Rahmen der Corona-Krise erstmals eigene Schulden in großen Umfang gemacht.
Verschleppung
Dass diese Digitalsteuer fällt - bestenfalls in Zukunft noch minimal erhoben werden dürfte -, hatte die Biden-Regierung im Gegenzug für Ausnahmen gefordert, welche die Briten für die Banken durchgesetzt haben. So wurde die Vorstellung der Digitalsteuer durch die EU- Kommission zunächst verschoben und sie hat noch immer keinen Vorschlag vorgelegt.
Derzeit sieht alles danach aus, dass diese Digitalsteuer das Schicksal der Finanztransaktionssteuer erleidet. Die sollte schon nach der Finanzkrise ab 2008 auch zur Regulierung der Finanzmärkte eingeführt werden. Zuletzt hatte sie Österreich im Frühjahr blockiert, obwohl sie schon bis zur Unkenntlichkeit verwässert ist.
Das ist der Hintergrund, vor dem Kanzlerkandidat Scholz die Mindeststeuer weiter als Abhilfe dafür verspricht, dass multinationale Unternehmen, allen voran die Digitalwirtschaft, Gewinne zum Beispiel auf die Bermudas verschieben können, wo gar keine Steuern darauf anfallen.
Über Patente, Lizenzen und Markenrechte ist das für die Digitalwirtschaft besonders einfach. Es war deshalb ein wichtiger Vorstoß, dass die "Die Linke" angesichts der bisherigen Planungen über eine Studie nun hat durchrechnen lassen, welchen Effekt diese geplante Mindeststeuer für Deutschland überhaupt hätte.