Was Pythia wohl gesagt hätte?
Rund ums antike Orakel trifft sich die Familie Mitsotakis
Vom 5. bis zum 8. März findet das V. Internationale Wirtschaftsforum von Delphi statt. Die Initiatoren der Veranstaltung möchten das Forum zu einer zumindest regional als Gegengewicht zum internationalen Forum von Davos dienenden Event etablieren. Dafür bemühen sich die Verantwortlichen, all jene nationalen und internationalen Vertreter aus Politik und Wirtschaft einzuladen, die in der Region eine wichtige Rolle spielen.
Delphi, das war im antiken Griechenland ein Nabel der Welt, wo die Hohepriesterin Pythia die damals Mächtigen mit zweideutigen Orakeln zu politischen Entscheidungen verwirrte. Pythias Trick waren die gezielt zweideutigen Weissagungen. Im modernen Zeitalter würde man diese jedoch schlicht als Betrug, oder im Anglizismus als "just politics" bezeichnen. Sie schickte Krösus, den König der Lyder, ins Verderben, als sie ihm zum geplanten Feldzug gegen die Perser sagte: "Wenn Du den Fluss Alys [den Grenzfluss] überschreitest, wirst Du ein großes Königreich zerstören." Krösus nahm sein Heer, griff an und zerstörte mit der Niederlage sein eigenes Königreich.
In den heutigen Sprachgebrauch der Hellenen wurde dagegen als verkürztes Idiom ein weiterer Pythia-Spruch aufgenommen. "Ixeis, afixeis" (Du gehst, du kommst zurück), sagen die Griechen, wenn sie etwas vom Sprecher gezielt Zweideutiges kommentieren.
"Ixeis afixeis ouk en polemo thnixeis" - ohne jegliches Komma - hatte die Seherin der Sage nach einst einem hohen Militär aus Sparta prophezeit. Übersetzt heißt dies: "du gehst du kommst zurück nicht im Krieg stirbst du". Je nach Setzung des Satzzeichens vor oder nach dem nicht, drohte dem Militär der Tod in der Schlacht. Der Sage nach verließ sich der Feldherr auf einen für ihn günstigen Ausgang und fiel im Kampf.
Im heutigen Griechenland ist Kyriakos Mitsotakis als Premier der Mächtige im Land. Er versprach vor den Wahlen im Juli 2019, "keiner meiner Verwandten wird Regierungsmitglied", um die Wähler, die sich vor der vierten Generation des Mitsotakis-Clans am Ruder der Regierung fürchteten, zu beruhigen.
In der Liste der bestätigten Referenten des V. Delphi Forums sah dies in der vergangenen Woche so aus, dass neun Familienmitglieder samt Mitsotakis selbst als Experten eingeladen wurden. Erster in der Liste ist Kyriakos Mitsotakis als Premier. Seine Gattin, Mareva Grabowski stand als Mitgründerin der Modefirma Zeus & Dione auf der Liste, die Schwester Alexandra Mitsotaki soll als Vorsitzende des World Human Forums sprechen. Kostas Bakoyiannis, Bürgermeister von Athen und Sohn von Mitsotakis Schwester ist als Bürgermeister von Athen geladen. Seine Gattin, Sia Kossioni tritt als Hauptnachrichtensprecherin des Privatsenders SKAI TV ans Rednerpult.
Kostas Schwester Alexia darf als Mitgründerin ihrer PR-Firma auftreten. Antigone Lyberaki, Cousine des Premiers und Patenkind dessen Vaters, spricht ebenso wie ihr Gatte Platon Tinios als Professorin beim Forum. Schließlich steht Professor Costas Synolakis, Patenkind von Kyriakos Mitsotakis Vater auch noch auf der Rednerliste. Patenkinder gehören in Griechenland als geistliche Kinder des Paten zum Kreis der Familie.
Neun "member of family", das erregte Aufruhr im Land. Es hagelte spöttische Kommentare. Die Gattin des Premiers, von Donald Trump trotz der Existenz eines verheirateten Staatspräsidenten, unwidersprochen bei Mitsotakis Besuch in Washington als "first Lady" angesprochen, hatte ein Einsehen. Mareva Grabowski zog ihre Zusage zum Forum zurück.