Was ist dem Informationsfreiheitsgesetz zugestoßen?

Deutschland immer noch Schlusslicht punkto Informationsfreiheit. Drei Journalistenorganisationen fordern jetzt Umsetzung

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Drei Journalistenorganisationen fordern in einer gemeinsamen Erklärung die parlamentarische Durchsetzung des immer wieder verschleppten Informationsfreiheitsgesetzes. Die Vorsitzenden der drei Organisationen fordern Innenminister Schily auf, seine Blockade des Gesetzes aufzugeben. Im Bundesinnenministerium "erwartet" man jedoch die Verabschiedung des Gesetzes noch in der laufenden Legislaturperiode. Und in einer Telepolis-Umfrage bei den Ministerien kam heraus, dass man sich wundert, dass das Gesetz nicht schon lange verabschiedet ist.

In ihrer Erklärung geben die drei Journalistenorganisationen ihre Befürchtung zum Ausdruck, dass eines der "wichtigen Reformprojekte der Bundesregierung" durch Verschleppung scheitern könnte. Die im Koalitionsvertrag angekündigte Einführung eines Akteneinsichtsrechts für alle Bürger komme nicht voran. Dabei hat das Bundesinnenminsterium bereits im Sommer vorigen Jahres eine Vorlage ins Internet gestellt, die als Diskussionsentwurf bezeichnet wird. Danach soll jeder das Recht erhalten, Unterlagen von Bundesbehörden einzusehen oder Informationen aus den Behördenakten anzufordern, soweit dem keine besonderen Geheimhaltungsgründe entgegen stehen.

"Doch obwohl die Vorlage des Innenministeriums für ein Informationsfreiheitsgesetz erhebliche Mängel beim Umfang des Aktenzugangs, bei den Bearbeitungsfristen und bei der Gebührenregelung aufweist, geht sie offenbar einigen Ministerien immer noch zu weit. Weil Beamte mauern, kommt die Ressortabstimmung, die einem Regierungsentwurf vorausgeht, nicht vom Fleck. Ob das Akteneinsichtsrecht noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet wird, ist deshalb fraglich geworden," schreiben die drei Journalistenorganisationen.

Umfrage bei Ministerien zum Stand des Informationsfreiheitsgesetzes

Die Antworten der einzelnen Ministerien auf eine Umfrage des Autors in der nach der Verantwortung für die weitere Verzögerung des Informationsfreiheitsgesetzes gefragt wurde, ergab ein von der Presseerklärung der Journalistenorganisationen abweichendes Bild. Danach liegt die Verantwortung für die andauernde Verschleppung alleine beim Bundesinnenminister. So erklärte der Sprecher des Verteidigungsministeriums bereits im Januar 02, man habe keinen weiteren Beratungsbedarf. Auch das Auswärtige Amt nimmt nach eigener Darstellung "in diesem Gesetzgebungsverfahren keine herausgehobene Stellung ein, da die Regelungsmaterie keine besonderen außenpolitischen Implikationen mit sich bringt."

In einer - an dieser Stelle selbstverständlich "vertraulich" behandelten Pressestelle zeigte sich ein Sprecher sichtlich amüsiert über die Anfrage. Zitat: "Ich dachte, das sei längst durch. Wir haben uns damit vor Monaten das letzte Mal beschäftigt. Ich bin gespannt, was Schily Ihnen antwortet."

Im Auftrag ihres Ministers Otto Schily verwies Gudrin Dirks erwartungsgemäß auf die angeblich noch andauernde "Abstimmung unter den Ressorts der Bundesregierung." Einige "wenige Punkte" bedürften noch einer abschließenden Erörterung. Sobald diese beendet ist, werde die Vorlage an das Kabinett ergehen und sodann die Einbringung in den Deutschen Bundestag folgen.

"Der genaue Zeitpunkt hierfür lässt sich gegenwärtig noch nicht zuverlässig abschätzen. Ich erwarte jedoch die Verabschiedung des Informationsfreiheitsgesetzes in der laufenden Legislaturperiode." Bundestagspräsident

Die Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Ute Vogt (SPD), erklärte auf entsprechende Nachfrage zum Stand des Informationsfreiheitsgestzes: "Wie ich aus dem federführenden Bundesministerium des Innern höre, ist es noch nicht vom Kabinett beschlossen worden; ein Zeitpunkt für die Behandlung im Kabinett liegt noch nicht fest."

Die Journalistenorganisationen, DJU,(ver.di) DJV und Recherche Netzwerk "sehen die Gefahr, dass Deutschland bei der Informationsfreiheit endgültig zum Schlusslicht in Europa wird. Fast alle westlichen Industriestaaten haben ihren Bürgern bereits Akteneinsichtsrechte garantiert, während in Deutschland noch das alte obrigkeitsstaatliche Prinzip der "Amtsverschwiegenheit" herrscht". Dabei liegen positive Erfahrungen nicht nur aus dem Ausland vor, sondern auch aus den Bundesländern Brandenburg, Schleswig-Holstein und Berlin, die bereits eigene Informationsfreiheitsgesetze eingeführt haben. Seit Januar 2002 gilt die Behördentransparenz auch in Nordrhein-Westfalen."