We have an unidentified flying object
Zwischen Science und Fiction: Hochkontroverses UFO-Phänomen bleibt weiterhin mysteriös und ungelöst
Einer repräsentativen Umfrage des Allensbacher Meinungsforschungsinstituts zufolge glaubt jeder fünfte Deutsche unter 30 Jahren an Besucher aus dem All. Laut Emnid geht ohne Alterseinschränkung sogar jeder fünfte Deutsche von der Realität des UFO-Phänomens aus. Jeder dritte US-Amerikaner ist überzeugt, dass die Erde in der Vergangenheit mehrfach von Außerirdischen besucht worden ist.
Kein Sujet polarisiert so stark, kein Genre hat so viele radikale Gegner und Befürworter. Zwar liegt bis dato kein echter Beweis für die physikalische Echtheit des UFO-Phänomens vor; allerdings sind Indizien offenbar en masse vorhanden. Bei alledem werden die Quellen, die Zeugenaussagen in punkto Qualität und Quantität immer besser. Insbesondere Piloten und Astronauten melden sich immer häufiger zu Wort. Aber so lange kein handfester Beweis für die reale Existenz dieses Phänomens, so lange nur ein unvollständiges Mosaik von Indizien vorliegt, sind die Skeptiker und UFO-Nihilisten fraglos auf der besseren und sicheren Seite.
Im Mittelalter, den Dark Ages, wurden sie zuweilen als "Fingerzeige Gottes", als "böse" Zeichen und Boten des Unheils gedeutet. Die wenigen Menschen, die dereinst Zeugen einer klassischen Meteoritenschauer wurden, beobachteten das Naturschauspiel noch voller Angst und Argwohn. Wer damals den Mut aufbrachte, seine Beobachtungen publik zu machen und öffentlich behauptete, er habe Steine vom Himmel fallen sehen, wurde anstatt Gehör zu finden vielerorts zum Phantasten abgestempelt.
Steine fallen nicht vom Himmel
Bis Ende des 18. Jahrhunderts nahm das Gros der Gelehrten derlei Berichte überhaupt nicht zur Kenntnis. Solche Geschosse, so lautete das fast einhellige Vor-Urteil der Naturforscher, beruhten entweder auf optischen Täuschungen, Wunderglauben oder irdischen erklärbaren Phänomenen wie etwa hochgeschleuderten Gesteinsbrocken vulkanischer Herkunft. Jede andere Erklärung schied von vornherein aus oder war ad absurdum zu führen. Zu spüren bekam dies der Wittenberger Physiker Ernst Florens Friedrich Chladni (1756-1827), der erstmals wissenschaftlich belegte Meteoritenfälle (18 an der Zahl) sammelte und diese 1794 veröffentlichte. Als dieser mit der These vorstellig wurde, dass die "fliegenden Steine" Irrläufer aus dem All seien, dankte ihm dies die Kollegenschaft mit Hohn und Spott:
Es sey ihm bey dem Lesen der Schrift anfangs so zu Muthe gewesen, als wenn ihm selbst ein solcher Stein am Kopf getroffen haette,
polemisierte der Göttinger Professor Georg Christoph Lichtenberg. Egal wie viele Menschen zu dieser Zeit diese Naturereignisse beobachteten und gleichgültig welcher sozialer und bildungsmäßiger Provenienz sie waren: Die zeitgenössische Wissenschaft ignorierte sämtliche Meteoritenschilderungen beharrlich: "In unserer Zeit wäre es unverzeihlich, solche Märchen auch nur für wahrscheinlich zu halten", gestand der Wiener Mineraloge Andreas X. Stütz im Jahr 1790. Erst im April 1803, als in L'Aigle in der Normandie in Gegenwart von Wissenschaftlern 2.500 Steine niederfielen, erlebte Chladnis Theorie eine Rehabilitierung. Langsam wurde das, was die Forscher zuvor noch als kollektive "Wahnvorstellung" abgewertet hatten, zu einer unumstößlichen astrophysikalischen Wahrheit: Steine fallen vom Himmel. Und sie kommen in der Regel aus den Tiefen des Weltraums. Dass sich diese Geschichte gut zwei Jahrhunderte später, wenngleich auch unter anderen Voraussetzungen und Vorzeichen in Grundzügen zu wiederholen scheint, mag eine Ironie der Geschichte sein. Gleichwohl fliegen heute anstelle von Steinen angeblich seltsame Objekte mit bizarren Strukturen durch die Luft. Sie fallen zwar nicht (immer) vom Himmel; gleichwohl spotten deren Flugbewegungen nach Zeugenberichten allen Gesetzen der Physik.
UFOS - Zwischen Aberglaube und Mystifikation
Eigentlich müsste sich der amerikanische Privatpilot Kenneth Arnold schwarz und grün geärgert haben, dass er den von ihm 1947 kreierten Terminus Flying Saucer nicht urheberrechtlich hat schützen lassen. Angesichts der Tatsache, dass der Begriff "Fliegende Untertasse" längst zum geflügelten Wort avanciert ist, könnte der Geschäftsmann daran ein Vermögen verdient haben. Doch das Geld, das ihm durch die Lappen gegangen ist, verdienen derweil andere findige Geschäftsleute. Geht es ums alienverklärte Eingemachte, geben sich Scharlatane, Spinner, Wichtigtuer, Sektierer, geldgierige Bestsellerautoren und andere zwielichtige Gestalten die Türklinken in die Hand - insbesondere bei kommerziellen UFO-Kongressen oder ähnlichen Veranstaltungen. Keine Frage, mit "Fliegenden Untertassen" oder waschechten Aliens lässt sich vortrefflich Geld verdienen. Mal sind es gute Fälschungen wie der 1995 veröffentlichte Film einer angeblichen Original-Obduktion eines Außerirdischen, mal ist es gut- oder schlechtfingiertes Fotomaterial, auf denen oft nur verschwommene Objekte auszumachen sind, das in bare Münze umgewandelt wird.
Ohnehin muss jeder, der das bunte Treiben der kommerziellen Ufologen beobachtet, den Eindruck gewinnen, dass die mysteriösen Gebilde nicht aus den Tiefen des Alls, sondern wohl eher aus den Tiefen der esoterischen Fantasiewelt kommen, wo Astrologen und Pseudowissenschaftler sich heimisch fühlen. Zu Recht hält die Skeptikergemeinde den Ufologen vor, dass die vorliegenden Zeugenberichte größtenteils auf optischen Täuschungen, natürlichen Phänomenen, gezielten Fälschungen oder technischen Fluggeräten irdischer Herkunft beruhen. Selbst das Gros der UFO-Forscher konzediert, dass zirka 95 Prozent aller Sichtungen in diese Kategorien fallen.
Bei alledem ist es nahezu aussichtslos, einen objektiven Überblick über die unübersichtliche UFO-Szene zu gewinnen, zumal weltweit unzählige selbstständige UFO-Organisationen, -Clubs oder Fangruppen existieren. Hinzu kommt, dass der Rechercheur anstelle von konkreten Informationen in Deutschland und anderswo mit einer untereinander hochgradig zerstrittenen heterogenen Gemeinde vorlieb nehmen muss, ohne dabei jemals eine reelle Chance zu haben, die Ränkespiele hinter den Kulissen des UFO-Theaters nachvollziehen zu können. Geht es darum, den eigenen Glauben zu verteidigen, ist den UFO-Befürwortern oder Skeptiker scheinbar jedes Mittel recht.
Medien und Wissenschaft meiden UFO-Debatte
Dabei haben weder UFO-Forscher noch Skeptiker die materielle Existenz der "Fliegenden Untertassen" jemals eindeutig be- oder widerlegen können. Angeblich stichhaltige Beweise, wie etwa die in Militärarchiven vermuteten Top-Secret-Dokumente über UFO-Begegnungen der Ersten, Zweiten und Dritten Art oder die in irgendwelchen US-Basen versteckten Roswell-Aliens sind weder falsifizierbar noch verifizierbar, da sie der Öffentlichkeit, den Medien und der Wissenschaft nicht zugänglich sind.
Radikale Skeptiker sind schon seit langem der Ansicht, dass aufgrund dieser und vieler anderer Unstimmigkeiten die Zeit reif ist, die leidige UFO-Debatte endlich an den Nagel zu hängen und die Dokumente allesamt ad acta zu legen. Auf diesem Hardliner-Kurs steuert auch das Gros der weltweiten Wissenschaftlergemeinde. Die meisten von ihnen können und wollen mit der aus ihrer Sicht esoterisch-gefärbten und unseriösen UFO-Debatte nichts anfangen, wobei sie interessanterweise weniger die Erscheinungen ins Lächerliche ziehen - abgesehen von bestimmten Boulevard-Blättern übernehmen diese Funktion oft die Medien - sondern es schlichtweg ignorieren. Fremde Objekte am Himmel - so lautet das ungeschriebene Gesetz der traditionellen akademischen Forschung - kann es nicht geben, weil es sie nicht geben darf. Insofern herrscht rund um Globus an den Universitäten große Einigkeit darin, dass das UFO-Phänomen schlichtweg vernachlässigbar ist. Die Meteoriden des 18. Jahrhunderts lassen grüßen. Noch reservierter stehen Gruppierungen wie die CENAP (Centrales Erforschungsnetz außergewöhnlicher Himmelsphänomene) dem UFO-Problem gegenüber. Einerseits hat CENAP einige bislang ungeklärte Sichtungen auf konstruktive Weise aufgeklärt und haarsträubende Fälschungen aufgedeckt, andererseits neigt das vorwiegend aus Nicht-Wissenschaftlern bestehende Erforschungsnetz sehr schnell dazu, ausnahmslos für jede UFO-Sichtung eine natürliche Erklärung parat zu haben.
Quellen werden zunehmend seriöser
Doch ungeachtet der Verdienste und der Wichtigkeit der UFO-Skeptiker lassen sich de facto nicht alle beobachteten Phänomene so leicht in Luft auflösen wie man dies gerne sehen würde. Das große Problem - man muss es leider aus Sicht des aufgeklärten Skeptikers zugeben - besteht in der zunehmenden Qualität und Quantität der visuellen Belege, die in Form von Fotos, Videofilmen oder gar Radaraufzeichnungen vorliegen.
Die große UFO-Welle in Belgien 1989/90, das noch umfangreichere UFO-Flap (Flap=Häufung von UFO-Sichtungen) in Mexiko (ab 1991), der immer noch kontroverse Greifswald-Zwischenfall von 1990 http://www.nidsci.org/products.html, bei dem sechs verschiedene Videokameras eine Gruppe von extrem hellen Lichtern aufzeichneten, dokumentieren eindrucksvoll, dass das Gros der modernen UFO-Sichtungen nicht mehr allein von einer Person, sondern von immer mehr Beobachtern - Tausende von Menschen sind keine Seltenheit mehr - bezeugt wird, die darüber hinaus das Geschehene aus verschiedenen Perspektiven wahrnehmen und zuweilen auch filmen. Klammert man aber selbst alle Amateur-Aufnahmen und die unzähligen UFO-Zeugenaussagen "normaler" Menschen rigoros aus, fängt das Problem erst richtig an. Was übrig bleibt, sind etliche Sichtungsmeldungen von Profis allererster Güte. Sie stammen ausgerechnet von jenen Zeugen, die aufgrund ihrer Profession und Ausbildung als beste Beobachter aerophysikalischer Vorgänge gelten.
Visuell bestens geschult und in punkto räumlichem Denkvermögen optimal trainiert, melden sich immer öfter Militär,- Privat- und Zivilpiloten zu Wort. Bisweilen auch hochrangige Militärs wie General Wilfried de Brouwer, Stabschef der belgischen Luftwaffe, der sich seinerzeit während des UFO-Flaps in Belgien zu der Aussage verleiten ließ: "Unser Verteidigungssystem (gemeint ist die NATO, Anm. des Autors) ist gegen diese Maschinen machtlos"1. Oder etwa der Chef der Schweizer Luftabwehr Hansruedi Fehrlin, der 1994 in der ARD-Fernsehsendung "UFOs... und es gibt sie doch!" unumwunden zugab: "Also eines ist klar. Es gibt diese Phänomene."
Dass darüber hinaus der ehemalige NASA-Wissenschaftler Richard Haines vom National Aviation Reporting Center on Anomalous Phenomena schon 3.500 Pilotensichtungen von UFOs gesammelt hat, mag man kaum glauben.
Überraschend ist auch das Ergebnis einer Umfrage des Astrophysikers Peter Sturrock aus dem Jahr 1962. Danach sollen 65 Astronomen erklärt haben, bereits unerklärliche Flugobjekte beobachtet zu haben; 1983 stieg dieser Wert sogar auf 117. Außerdem sollen mehr als 50 Prozent der Mitglieder der Internationalen Astronomischen Union eine wissenschaftliche Untersuchung von UFOs befürwortet haben.
Aber nicht nur Piloten, sondern auch immer mehr Raumfahrer werden ungewollt Zeugen von Begegnungen der ersten Art. So auch die US-Astronautin Catherine Coleman, die am 21. Oktober 1995 während der STS-73-Mission die NASA-Raumfahrtbehörde mit dem lapidaren Satz überraschte:
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Bis auf den heutigen Tag hat sich die NASA zu diesem Vorfall noch nicht offiziell geäußert - auch Frau Coleman nicht.