We're on the route to nowhere...
Wie man mit dem Internet vom rechten Weg abkommt
Man kennt es als Meldung aus der Zeitung, wie ein technikgläubiger Bürger seinem Navigationssystem vertrauend mit dem Auto die Brücke hinunter ins Meer stürzte, weil die Fähre dummerweise gerade unterwegs war und nicht da, wo die Software sie vermutete. Wie zuverlässig sind eigentlich die Routenplaner im Web?
"Autoroute" war einst ein heißer Tipp: Das Programm fand in Nullkommanix über "Start","Ziel", "F7-Berechnen" elegant Strecken, die auch geübte Kartenleser übersehen hätten und beendete das nervige Herumfummeln mit dem Autoatlas in der Rushhour im absoluten Halteverbot. Man ärgerte sich lediglich über die meist unbrauchbaren Abbieghinweise, die weder den Endort der jeweiligen Straßen noch den nächsten Ort ausgaben, sondern irgendein Kaff irgendwo an der betreffenden Straße, das sich auf keinem Wegweiser fand.
Doch als die Software von Microsoft übernommen wurde, bekam sie zwar eine europaweit gültige Karte spendiert, doch wurde die Bedienung umständlich, das Programm langsam und ein Kopierschutz sorgte dafür, dass es nur noch mit eingelegter Original-CD lief, was sich natürlich genau bei einem eiligen Termin herausstellte, als diese zuhause lag und nur die frisch erstellte Kopie im Notebook war. Im Büro durfte ohnehin keine Software installiert werden, auch nicht, als extra ein zweites Microsoft Autoroute angeschafft worden war.
"Software ist längst out - es gibt doch route.web.de meinte ein Freund. Und tatsächlich: es geht auch ohne CD, wenn einem an der Routenplanung mehr gelegen ist als an einer schön gemalten Landkarte. Viel Stress ersparte die Routenplanung von web.de und die mittlerweile drei Microsoft Autoroute-CDs flogen in den Eimer.
Doch jetzt gab auch Web.de den Löffel ab: Man hat den Routenplaner eingestellt, weil es inzwischen angeblich bessere Dienste gibt und man wohl auch einfach keine Lust mehr hatte. Man kann seine Daten noch bei Web.de eintippen, wird dann aber auf vier andere Dienste direkt weitergeleitet oder kann sechs weitere auswählen. Neu dabei: Nun geht die Routenplanung sogar in kleineren Käffern straßengenau von Haustür zu Haustür. Ob das was taugt? Als Prüfung wurde daher spaßeshalber der tägliche Weg ins Büro eingegeben - 15 Kilometer von Buchloe nach Landsberg, größtenteils Autobahn. Kein großer Job, aber Orte, die nicht jeder kennt.
Der erste Kandidat Teleinfo liefert soweit von der Wegführung her vernünftige Ergebnisse, verwechselt nur mitunter links und rechts - aber das ist man ja gewohnt. Irritierend allerdings, dass man das Ausdrucken der Wegbeschreibung mit 0,20 Euro zahlen soll - sie lässt sich ja auch so ausdrucken. Noch. Bei einer europaweiten Planung kommt man dagegen am Zahlen per Firstgate nicht vorbei.
Shell Geo Star begrüßt einen dagegen erst mal mit einem Pop up und der rein rhetorischen Frage Besitzen oder benutzen Sie ein Auto?" - es gibt nämlich keine Antwort "nein" und somit auch keine autobahnfreie Alternativroute für Fahrradfahrer. Die wäre hier aber ohnehin kein Thema, denn statt dem 15 Kilometer entfernten Landsberg am Lech schickt einen Shell mal eben fast 500 Kilometer nach einem Landsberg in der Nähe von Leipzig. Gibt man zusätzlich die Postleitzahl, meldet der Routenplaner dagegen "Ihre Angabe Landsberg - (86899) - Deutschland ist ungenau oder unvollständig" und bietet noch acht weitere Orte mit 86899 in der Postleitzahl an. Nach der Auswahl geht die Wegführung soweit korrekt, Fehler bei der Straßenführung im Ort macht Shell nicht, weil es sie gar nicht erst anbietet.
Optimal dagegen der Routenplaner von Opel, der offensichtlich sogar weiß, dass man sich bis zu 20 Minuten Schlangestehen durch drei mal rechts abbiegen an der richtigen Stelle sparen kann und dieselbe Strecke vorschlägt, die auch Ortskundige wählen würden. Map24.de zeigt zunächst einmal eine Europakarte aus Satellitensicht, zoomt dann hinunter und bringt dann dieselbe korrekte Wegführung, wenn auch fast etwas zu umständlich beschrieben.
Prima, also keine Bauch- oder Wasserlandung? Vorsicht, nur wenige Meter Änderung reichen: Geben wir doch einmal ein anderes Firmengebäude zwei Straßen weiter als Ziel an!
Teleinfo glänzt nun durch orthografische Kunststücke ("von Carl-Friedrich-Benz-Str. weiterfahren auf die Garl-Friedr. Benz Str."), liefert aber weiterhin ein akzeptables Ergebnis. Bei Shell ergibt sich kein Unterschied, da keine Straßen berücksichtigt werden. Opel gibt die optimale Streckenführung auf und führt nun den längeren Weg linksrum, da es die Straßennummer nicht berücksichtigen kann, was aber auch etwas viel verlangt wäre in einem Industriegebiet.
Den Vogel schießt aber Map24.de ab: es schlägt vor, wieder zurück auf die Autobahn zu fahren, dort einen Kilometer zurück nach Buchloe und dann direkt rechts ab! Ohne Ausfahrt in voller Autobahngeschwindigkeit rechtwinklig abzuzweigen dürfte jedoch schwierig werden. Die Ursache für die kreative Verkehrsgestaltung: Eine der Autobahn relativ nahe kommende, diese aber nicht erreichende kleine Stichstraße wird vom Programm fälschlich als Abzweigung beziehungsweise Abfahrt interpretiert.
Wer dem Internet-Router bedingungslos vertraut und sich dessen Fahranweisungen bei Nacht vom Beifahrer zurufen lässt, kann also ebenso im Wasser oder in der Böschung enden wie der Nutzer einer Navigationsanlage. Den Autoatlas sollte man also immer noch als stille Reserve dabeihaben.