Weihnachten, Fest des Friedens
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… denn unsere Kriege werden woanders geführt
Was halten Sie von der Aussage, "Kindesmisshandlung ist die Fortsetzung der Pädagogik mit anderen Mitteln"? Das ist selbstverständlich eine fast schon sadistische Verharmlosung. Und Gleiches gilt für den berühmten Satz von General Clausewitz: "Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln."
Krieg ist die extremste Form der Unmenschlichkeit: extensive Zerstörung von Leben durch vorsätzlichen, organisierten Einsatz massivster Gewalt. Brutalstmögliche Machtausübung, um eigene Interessen gegenüber anderen durchzusetzen.
In keinem Land dieser Erde möchten Bürger von Politikern losgeschickt werden, um zu töten oder zu sterben. Dennoch sind seit 1945 25 Millionen Menschen durch Kriege umgekommen. Kriege, die schwerste körperliche und psychische Schäden, Hunger und Flüchtlingselend verursachen; zerstörte und verseuchte Länder hinterlassen, mit Minenfeldern, die auch noch nach Jahren Menschen das Leben nehmen oder sie verstümmeln. Im Krieg verlieren die Regeln der Zivilisation an Bedeutung, und das Barbarische kann sich entfalten: Kaum ein Krieg ohne Berichte über massenhafte Vergewaltigungen durch Soldaten. Und das Vernichtungslager Auschwitz war nur im Windschatten eines Krieges möglich. Aber wenn Kriege so schrecklich sind - warum sind sie nicht längst abgeschafft?
"Diese Methode funktioniert in jedem Land"
Der Treibstoff des Kapitalismus ist die Rendite. Es ist nach den Gesetzen der Mathematik gar nicht möglich, das kapitalistische System ohne Rendite aufrecht zu erhalten. Und nie endende Profitgier lässt sich eben mit friedlichen Mitteln allein auf Dauer nicht stillen. US-Präsident Eisenhower hat bereits 1961 die verhängnisvolle Nähe von wirtschaftlichen und militärischen Interessen angemahnt und eindringlich vor einer katastrophalen Machtzunahme des militärisch-industriellen Komplexes gewarnt. Die Zusammenhänge sind also längst bekannt, und trotzdem gelingt es immer wieder, mit Hilfe von Kriegspropaganda Zustimmung für den Einsatz militärischer Gewalt zu organisieren.
Reichsmarschall Göring beschrieb es mit einfachen Worten: "Natürlich will das Volk keinen Krieg. Das ist klar. Aber schließlich sind es die Führer eines Landes, die die Politik bestimmen, und es ist immer leicht, das Volk zum Mitmachen zu bewegen. Man braucht nichts zu tun, als dem Volk zu sagen, es würde angegriffen, und den Pazifisten ihren Mangel an Patriotismus vorzuwerfen und zu behaupten, sie brächten das Land in Gefahr. Diese Methode funktioniert in jedem Land."
Das von Göring beschriebene Verfahren ist bis heute Standard. Bekanntestes Beispiel ist die Rechtfertigung des 2. Irakkriegs: US-Politiker behaupteten, ein bevorstehender irakischer Angriff mit Massenvernichtungswaffen bedrohe die Sicherheit der USA, und der damalige US-Außenminister Powell legte 2003 dem UN-Sicherheitsrat gefälschte Beweise für die Existenz ebendieser Waffen vor. Für seine Lügen hat er sich später entschuldigt, aber das nutzte den abertausenden Toten wenig. Und auf dem Nährboden des zerstörten Nachkriegs-Irak entstand der IS als ein zentraler Eskalationsfaktor des anschließenden Syrienkriegs.
Die Kriegsrhetorik: "Wir wurden angegriffen und müssen deshalb mit militärischer Gewalt Sicherheit herstellen" kam auch für den sogenannten "Krieg gegen den Terror" zum Tragen. Zunächst wurde der Anschlag aufs World Trade Center zu einem Angriffskrieg gegen die gesamte westliche Welt überhöht, um erstmals in der Geschichte einen NATO-Bündnisfall auszurufen, der bis heute gilt. Und so zogen deutsche Soldaten nach Afghanistan, und Verteidigungsminister Struck teilte mit: "Unsere Sicherheit wird nicht nur, aber auch am Hindukusch verteidigt."
Welche Art von Sicherheit in Afghanistan verteidigt wird, erläuterte Bundespräsident Köhler: "Meine Einschätzung ist, dass wir auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung wissen muss, dass militärischer Einsatz notwendig ist, um Arbeitsplätze und Einkommen zu sichern."
In den Verteidigungspolitischen Richtlinien Deutschlands heißt es entsprechend: "Die Erschließung, Sicherung von und der Zugang zu Bodenschätzen, Vertriebswegen und Märkten werden weltweit neu geordnet. Zugangsbeschränkungen können konfliktauslösend wirken. Störungen der Transportwege und der Rohstoff- und Warenströme stellen eine Gefährdung für Sicherheit und Wohlstand dar." Wir sind also darauf eingestellt, unseren überdimensionierten Anteil am Reichtum dieser Erde mit militärischen Mitteln zu verteidigen.
Bei den bisherigen Bundeswehr-Kriegseinsätzen war Deutschland eher ein bündnistreuer Mitläufer als eine treibende Kraft. Aber bei Kriegswaffenexporten gehören wir weltweit zu den Top-5: Bewährte Qualität made in Germany - wenn wir nicht liefern, dann eben andere. Im Jemen wird derzeit die Bevölkerung systematisch ausgehungert. 80.000 Kinder sind seit Kriegsausbruch an Mangelernährung gestorben. Für die entsprechende Seeblockade setzt die saudische Marine auch deutsche Schiffe ein.
Unsere Kriege finden woanders statt, aber dass sie dort für die Betroffenen die Hölle auf Erden bedeuten, haben wir 70 Jahre nach den Bombenangriffen auf deutsche Städte offensichtlich vergessen. Wie bereits Goethe treffend formulierte:
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.