Weises Idee: Öffentlich geförderte Arbeitsplätze für unqualifizierte Langzeitarbeitslose
Der scheidende Chef der Bundesagentur für Arbeit hält nichts von bezahlten "akademischen Schulungsprogrammen" für Langzeitarbeitslose und viel von subventionierter Arbeit
Kurz vor seinem Ruhestand serviert der Chef der Bundesagentur für Arbeit noch einen Vorschlag für das trotz aller schönen Rekorde am Arbeitsmarkt bleibende ungelöste Problem der Langzeitarbeitslosen (die rund eine Million "Abgeschriebenen", Deutschlandfunk, 2016). In seinem "Abschiedsinterview" mit der SZ äußert Frank-Jürgen Weise Zweifel an den bisherigen Lösungen.
"Es ist vermutlich falsch", sagt Weise, "jemanden, der schon in der Schule versagt hat, wieder zur Qualifikation in eine Schule zu schicken." Statt viel Geld in unnütze Qualifizierungsprogramme zu stecken, schlägt Weise vor, den Langzeitarbeitslosen staatlich subventionierte Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen.
"Für solche Menschen ist Arbeit das Richtige"
Sein Grundgedanke dazu ist, dass "für solche Menschen Arbeit das Richtige" ist. So würden sie wieder Selbstbewusstsein, Würde und Routine erlangen und ihnen würde eine "Chance zum Aufstieg" geboten. Von der Kostenseite gesehen, werde das nach Einschätzung Weises "nicht viel teurer". Statt Hartz-IV und Wohnkosten zu zahlen, würde die Arbeit bezahlt, so Weises Idee, die er als "großen Wurf" bezeichnet.
Er geht davon aus, dass es genug Arbeit gibt. Als erste Einsatzgebiete für die Subventionen und die Langzeitarbeitslosen schlägt er gemeinnützige Bereiche vor, kleine Lebensgemeinschaften, Vereine. "Wir sollten es einfach mal probieren", meint der scheidende BA-Chef.
Langzeitarbeitslose ohne Qualifikationen hätten auf dem normalen Jobmarkt keine Chance, also müsse man mit staatlicher Hilfe einen Arbeitsmarkt für sie schaffen. Sie in "akademische Schulungsprogramme zu schicken" sei nicht die richtige Lösung, so das Resumé Weises nach 13 Jahren an der Spitze der Bundesagentur für Arbeit.
Welche Arbeit?
Ab 1. April übernimmt Detlev Scheele von der SPD den Posten von Weise. Man darf gespannt sein, ob Scheele den Lösungsvorschlag von Weise aufnimmt und ob die SPD sich im Wahlkampf dazu äußern wird, wie das Projekt etwas konkreter aussehen könnte.
Für andere Problemfelder - etwa den Missbrauch der von Martin Schulz vorgeschlagenen Verlängerung des ALG I in Verbindung mit Qualifizierungsmaßnahmen ("Geht in die richtige Richtung", Weise) oder den Wegfall von Arbeitsplätzen durch die Digitalisierung - hat Frank-Jürgen Weise ein konkretes Beispiel parat.
So merkt er zu den ALG-I-Reformvorschlägen des SPD-Kanzlerkandidaten an, dass man hier "noch mal klug nachdenken" müsse, weil es ja die Möglichkeit gebe, dass ein Arbeitsloser mit 61 Jahren zwei Jahre lang Arbeitslosengeld bekomme und dann zwei Jahre umschule. Solchen Missbrauch müsse man ausschließen.
Bei der Veränderung durch die Digitalisierung fällt Wiese ein, dass Vorarbeiter künftig wegfallen könnten, weil wie er am Beispiel eines Aufzugsmonteurs demonstriert, Rechner am Aufzug und im Auto die Arbeit des Vorabeiters erledigen. Der Monteur bekommt von seinem Navi die optimale Verbindung zwischen den Aufträgen gesagt und vom Aufzugscomputer, wann die nächste Inspektion fällig ist und welche Teile wann ausgetauscht werden müssen.
Für staatliche geförderte Arbeitsstellen von unqualifizierten Langzeitarbeitslosen, die ja sehr verschiedene Arbeitsbiografien haben, was schon damit anfängt, dass man laut Sozialgesetz schon nach einem Jahr oder länger als langzeitarbeitslos gilt wie jemand, der diesen Status seit zehn Jahren oder länger hat, hatte Weise kein Beispiel.