Weltklimarat stellt neuen Bericht vor
Neuer IPCC-Bericht kritisiert enorme Abhängigkeit von fossilen Energieträgern. Deutscher Klimaforscher fordert Maßnahmen mit Biss
Der Weltklimarat (IPCC) stellt am Montag den dritten Teil seines neuen Sachstandsberichts vor, der sich mit den Maßnahmen gegen die Klimakrise befasst. Am Vormittag sollte der Bericht der Öffentlichkeit vorgestellt werden, doch die 195 IPCC-Mitgliedsstaaten konnten sich nicht rechtzeitig auf einen gemeinsamen Text einigen. Nun ist der Bericht für den späten Nachmittag angekündigt.
Dass die Delegationen nicht sofort auf einen gemeinsamen Nenner kommen, ist dabei nicht ungewöhnlich. Zeile für Zeile gehen sie die Zusammenfassung des Berichts durch – und beraten. Doch diesmal haben sie mit mehr als 48 Stunden die Frist besonders lange überzogen. "Jeder hat etwas zu verlieren und jeder hat etwas zu gewinnen", hieß es dazu aus dem Umfeld der Verhandlungen gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.
Der dritte Teil des sechsten Sachstandsberichts wirft ein Schlaglicht auf die enorme Abhängigkeit zahlreicher Volkswirtschaften von fossilen Energieträgern. Bis Freitagabend sollten die Länder eigentlich die sogenannte Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger verabschieden sollen.
Um den Inhalt des Berichts sei hart gerungen worden, sagte der deutsche Ökonom und Klimaforscher Ottmar Edenhofer am Montag dem rbb-Inforadio. Und das sei auch gut so. "Man sieht nämlich, dass die ganze Sache jetzt ernst wird und für viele Länder sich klar und deutlich abzeichnet: Wir müssen jetzt bis zur Mitte des Jahrhunderts CO2-neutral werden." Und das sei eine gewaltige Aufgabe.
Maßnahmen mit Biss nötig
Edenhofer forderte ein deutliches Umsteuern. "Es wird auch immer klarer, dass wir endlich politische Maßnahmen benötigen, die wirklich Biss haben", betonte er. Selbstverpflichtungen der Industrie oder der Banken reichten nicht aus. Stattdessen sei "eine wirklich ambitionierte CO2-Bepreisung" notwendig.
Mit Blick auf das Ziel, den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen, sagte Edenhofer: Es sei noch nicht außer Reichweiter, doch es werde eng. "Es ist in den letzten zehn Jahren lediglich gelungen, dass wir die Geschwindigkeit des Emissionsanstiegs ein bisschen gebremst haben. Wir fahren immer noch auf die Wand zu", warnte Edenhofer.
Das radikale Umsteuern, von dem Edenhofer spricht, lässt bislang noch auf sich warten. Kohle, Öl und Gas werden immer noch zu stark genutzt. Als UN-Generalsekretär António Guterres die Beratungen vor zwei Wochen eröffnete, warnte er: "Wir schlafwandeln in die Klimakatastrophe".
Solche Warnungen wurden seit dem ersten IPCC-Bericht, der 1990 veröffentlicht wurde, immer wieder in den Wind geschlagen. Stattdessen wurden immer mehr Treibhausgase in die Luft geblasen, und nur während größerer Wirtschaftskrisen verlangsamte sich diese Entwicklung.
Die Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre nimmt laut IPCC seit dem Jahr 1900 in einem Tempo zu, das mindestens zehn Mal so hoch ist "wie in jedem anderen Zeitraum der vergangenen 800.000 Jahre". Die CO2-Konzentration erreichte demnach 2019 den höchsten Wert der letzten zwei Millionen Jahr.
Im Jahr 2021 erreichte die CO2-Konzentration in der Atmosphäre nach Angaben der Messstation Mauna Loa in Hawaii einen Wert von 416 parts per million (ppm). Als der IPCC 1990 seien erste Sachstandsbericht veröffentlichte, waren es noch 354 ppm.