Weltwirtschaft im Wandel: Warum wird China stärker, während G7 verlieren?

G7-Gipfel in Hiroshima am 19. Mai 2023. Bild: Japanische Regierung / CC BY 4.0

Die BRICS-Staaten sind mit den G7 bereits gleich auf. Die Entdollarisierung schreitet voran. Warum ist der staatlich-private Kapitalismus Beijings so erfolgreich?

Im Jahr 2020 wurde die Parität, also Gleichstand zwischen dem Gesamt-BIP der G7 (USA plus Verbündete) und dem Gesamt-BIP der BRICS-Gruppe (China plus Verbündete) erreicht. Seitdem sind die Volkswirtschaften der BRICS-Staaten schneller gewachsen als die der G7-Staaten.

Richard D. Wolff ist emeritierter Professor für Wirtschaftswissenschaften an der University of Massachusetts, Amherst.

Heute stammt ein Drittel der gesamten Weltproduktion aus den BRICS-Ländern, während die G7 weniger als 30 Prozent ausmacht. Abgesehen von der offensichtlichen Symbolik hat dieser Unterschied auch reale politische, kulturelle und wirtschaftliche Folgen.

Die Einladung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nach Hiroshima, um vor dem G7-Gipfel zu sprechen, konnte die Aufmerksamkeit der G7 nicht von dem großen globalen Problem ablenken: Was in der Weltwirtschaft wächst und was schrumpft.

Das offensichtliche Scheitern des Wirtschaftssanktionskriegs gegen Russland ist ein weiterer Beweis für die relative Stärke des BRICS-Bündnisses. Dieses Bündnis kann den Nationen nun Alternativen zu den Forderungen und dem Druck der einst hegemonialen G7 bieten und tut dies auch.

Die Bemühungen der G7, Russland zu isolieren, scheinen sich als Bumerang zu erweisen und haben stattdessen die relative Isolation der G7 offenbart. Sogar Frankreichs Macron fragte sich laut, ob Frankreich in dem wirtschaftlichen Wettstreit zwischen den G7 und den BRICS, der unter der Oberfläche des Ukraine-Kriegs stattfindet, nicht auf das falsche Pferd setzt.

Vielleicht haben frühere, weniger ausgeprägte Versionen dieses Wettlaufs die gescheiterten Bodenkriege der USA in Asien von Korea über Vietnam bis Afghanistan und Irak beeinflusst.

China konkurriert zunehmend offen mit den Vereinigten Staaten und ihren internationalen Kreditgebern (IWF und Weltbank) bei Entwicklungskrediten für den Globalen Süden. Die G7 greifen die Chinesen an und werfen ihnen vor, die raffgierige Kreditpraxis zu kopieren, für die der Kolonialismus und Neokolonialismus der G7-Staaten zu Recht berüchtigt ist.

Die Angriffe haben angesichts des Bedarfs an solchen Krediten, weswegen die chinesische Kreditpolitik von den Empfängern begrüßt wird, wenig Wirkung gezeigt. Die Zeit wird zeigen, ob die Verlagerung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit von der G7 auf China die jahrhundertelange räuberische Kreditvergabe hinter sich lassen wird.

Bis dahin sind die politischen und kulturellen Veränderungen, die mit Chinas globalen wirtschaftlichen Aktivitäten einhergehen, bereits offensichtlich: zum Beispiel die Neutralität der afrikanischen Länder gegenüber dem Krieg zwischen der Ukraine und Russland trotz des Drucks der G7.

Die Entdollarisierung ist eine weitere Dimension der inzwischen rasanten Umwälzungen in der Weltwirtschaft. Seit 2000 ist der Anteil der in US-Dollar gehaltenen Währungsreserven der Zentralbanken um die Hälfte gesunken. Dieser Rückgang hält an.

Jede Woche gibt es Nachrichten über Länder, die Handels- und Investitionszahlungen statt in US-Dollar nun in ihren eigenen Währungen oder in anderen Währungen als dem US-Dollar ausführen. Saudi-Arabien stellt das Petrodollar-System ein, das den US-Dollar als herausragende Weltwährung entscheidend gestützt hat.

Durch die geringere weltweite Abhängigkeit vom US-Dollar werden auch weniger Dollar für Kredite an die US-Regierung zur Verfügung stehen, um deren Anleihen zu finanzieren. Die langfristigen Auswirkungen dieser Entwicklung, insbesondere angesichts der immensen Haushaltsdefizite der US-Regierung, werden wahrscheinlich erheblich sein.

China vermittelte kürzlich die Annäherung zwischen den Feinden Iran und Saudi-Arabien. Die Behauptung, dass diese Friedensstiftung unbedeutend ist, entspricht reinem Wunschdenken. China kann und wird wahrscheinlich auch weiterhin Frieden schaffen, und zwar aus zwei wichtigen Gründen.

Erstens verfügt es über Ressourcen (Kredite, Handelsabkommen, Investitionen), die es einsetzen kann, um die Annäherung von Gegnern zu versüßen. Zweitens wurde Chinas atemberaubendes Wachstum in den letzten drei Jahrzehnten im Rahmen und mit den Mitteln eines globalen Regimes erreicht, das sich größtenteils im Frieden befand.

Kriege beschränkten sich früher meist auf bestimmte, sehr arme asiatische Gebiete. Sie haben den Welthandel und die Kapitalströme, die China bereichert haben, nur minimal gestört.

Die neoliberale Globalisierung kam China überproportional zugute. Daher haben Beijing und die BRICS-Länder die Vereinigten Staaten als Verfechter der Fortführung eines breit angelegten globalen Freihandels- und Kapitalverkehrsregimes abgelöst.