Weshalb der Tunesien-Deal den Rechtsruck der EU belegt
Seite 2: EU handelt in alter Tradition
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Aus der EU kam nur laue Kritik an diesen Praktiken Saids. Dass die EU nun einen Flüchtlingsdeal mit Tunesien abgeschlossen hat, ist keine Überraschung. Hier handelt Brüssel in alter Tradition: Man bezahlt autoritäre Regime dafür, dass sie den schmutzigen Job des Torwächters zur Festung EU übernehmen.
Auch Saied ließ sich lange bitten und erklärte mehrfach, sein Land sei nicht der Türsteher der EU. Jeder wusste, dass er damit nur den Preis in die Höhe treiben wollte.
Es ist ein weiterer Schritt in Richtung Barbarisierung. Aber es ist eben kein Bruch mit der bisherigen Praxis der EU, sondern die logische Fortsetzung ihrer Politik.
Man muss sich nur daran erinnern, welche Aufregung der EU-Deal mit dem autoritären türkischen Präsidenten bei linken und liberalen Aktivisten ausgelöst hat, die die Menschenrechtsrhetorik der EU noch ernst genommen haben. Trotzdem ist nicht abzusehen, dass die EU diesen Pakt aufkündigt. Wenn, dann wird es der türkische Präsident tun.
2023 sind die Rechten in der EU stärker geworden, was sich schon an dem Personal zeigte, das die EU in Tunesien vertrat. Da war neben der Kommissionschefin, der ehemaligen CDU-Politikerin von der Leyen, der abgewählte niederländische Ministerpräsident Rutte. Der hat erst vor wenigen Tagen seine Regierungskoalition platzen lassen, weil er härtere Gesetze gegen Migranten will und vor allem deren Familiennachzug ablehnt. Das wollten einige seiner durchaus konservativen Koalitionspartner nicht mitmachen.
Die Neofaschistin Meloni und die Zukunft der EU
Und dann ist da noch die Neofaschistin Giorgia Meloni, die als italienische Ministerpräsidentin die EU in Tunesien vertrat. Noch vor wenigen Jahren hätte man es als absurde Panikmache abgetan, wenn man prophezeit hätte, dass die Vertreterin einer Partei, die noch vor wenigen Jahren die faschistische Flamme Mussolinis besonders hochgehalten hat, einmal in diese Position kommen könnte.
Doch Meloni hat in ihrer kurzen Regierungszeit bereits gezeigt, wie schnell man in der EU als moderne Faschistin reüssieren kann. Sie hat erkannt, dass man sich rhetorisch auf westliche Werte berufen und die Ukraine gegen Russland unterstützen muss.
Ansonsten muss sie nur die bisherige EU-Politik weiter radikalisieren, etwa bei der Abwehr von Flüchtlingen. Meloni war daher eine würdige Vertreterin der EU beim Flüchtlingsabwehr-Deal mit Tunesien.
Meloni kann durchaus als die Zukunft der EU gesehen werden. In einigen Jahren könnten weitere Rechtspolitiker hinzukommen, vielleicht bald eine Präsidentin Le Pen in Frankreich.
Die wird derzeit sehr genau beobachten, wie gut sich Meloni in die EU einfügt. Die wenigen Linken und die letzten Liberalen, die das Flüchtlingsrecht verteidigen, sollten sich da keine Illusionen machen oder gar versuchen, in ihrer Rhetorik die Rechten zu imitieren
Deshalb ist es erfreulich, dass die deutsche Linkspartei mit der Flüchtlings- und Umweltaktivistin Carola Rackete in den Europawahlkampf ziehen will. Denn das ist ein klares Statement gegen die Barbarisierung der EU-Politik, die nicht erst mit dem Tunesien-Deal begonnen hat und noch einige Grausamkeiten auf Lager hat.