Wider den anthropischen Exzeptionalismus
Manifest für das Überleben der Spezies homo sapiens
Prolog: Gegenwärtig prüft die Biosphäre, ob sie die Spezies homo sapiens aus dem Rennen nimmt, und wenn ja, wann und auf welche Weise. Im Zuge dieser Überprüfung hat sich die Idee herauskristallisiert, der Menschheit eine Art von "Mitbestimmung" über ihr Schicksal einzuräumen: in Form eines Paktes für das Überleben. Bisher sah sich die Biosphäre uneingeschränkt dem Prinzip der Nicht-Intervention verpflichtet. Auch in Zukunft wird sie davon Abstand nehmen, sich in die ausschließlich inneren Angelegenheiten einer Spezies einzumischen.
Was die Spezies Mensch betrifft, so unterstützt die Biosphäre weder das Selbstbild des zeitgenössischen Menschen (anthropischer Exzeptionalismus), noch interessiert sie sich für die Erhaltung oder Durchsetzung von Menschenrechten, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Selbstbestimmung usw. - auch dann nicht, wenn diese Prinzipien von Menschen dazu missbraucht werden, Ziele wie partielle Selbstausrottung durch Kriege, Sklavenhaltung, Kolonialismus und ähnlichen Verhaltens-Müll zu verfolgen oder gesundzubeten.
Ein zahlenmäßiges Wachstum der Menschheit in Maßen und unter Beachtung der Rechte anderer Spezies wurde seit mehreren tausend Jahren toleriert (anfänglich sogar empfohlen - siehe eigenständiges Addendum zum Manifest für das Überleben der Spezies homo sapiens: Wie viele Menschen auf der Erde? - dem Manifest nicht beigefügt). Interaktionen zwischen den Spezies z.B. im Rahmen einer Nahrungskette wurden und werden ebenfalls toleriert.
Mit der Bevölkerungsexplosion des homo sapiens auf Kosten anderer Spezies ist allerdings eine "rote Linie" überschritten, was die Biosphäre nunmehr zu einem Paradigmenwechsel und zur Intervention verpflichtet: ab sofort wird für die "Killerspezies" Mensch die Option Wachstum (präziser: Mehrung = quantitatives Wachstum) aus dem Verkehr gezogen, diese Option ist mit sofortiger Wirkung in jeder Hinsicht (auch argumentativ) nicht mehr verfügbar. Es bleiben nur noch die Optionen Schrumpfung und Aussterben übrig. Die zeitlichen und räumlichen Randbedingungen dieser Intervention und ihre Anforderungen an das Verhalten der Menschheit werden im Folgenden beschrieben. Sie bilden die Grundlage für das Angebot eines Paktes für das Überleben der Spezies homo sapiens.
Phase 1: Projektion der Vergangenheit auf die Zukunft
Gemäß WWF Living Planet Report 2018 des World Wildlife Fund hat die Menschheit in den zurückliegenden 44 Jahren von 1970 bis 2014 etwa 60% der Wirbeltier-Populationsgröße vernichtet (aktueller Wert des Living Planet Index). Da die Menschen zweifelsfrei Wirbeltiere (Vertebrata) sind, wird der Index nun angewandt auf die Wirbeltier-Spezies homo sapiens.
Die guten Nachrichten zuerst: Die Biosphäre hat sich zunächst dagegen entschieden, in der Zielvorgabe für die menschliche Bevölkerungsentwicklung die aktuelle Dezimierung weiterer Spezies der Flora und Fauna zu berücksichtigen (Stichworte: Insektensterben, Abholzung des tropischen Regenwaldes, usw.). Weiterhin hat sich die Biosphäre gegen eine sofortige Vollstreckung von Maßnahmen entschieden, die einer rückwirkenden Gleichbehandlung der Wirbeltiere entsprechen würden. Zum Vergleich: Dies würde für die Menschheit eine Verringerung der Population von ca. 3,6 Milliarden (Stand 1970) auf ca. 2,2 Milliarden (2014) implizieren - tatsächlich hat eine Vermehrung auf ca. 7,3 Milliarden (2014) stattgefunden.
Stattdessen räumt die Biosphäre eine als Phase 1 bezeichnete "Gnadenfrist" ein: die zahlenmäßige Verringerung um 60% definiert das "Wachstumsziel" der Menschheit für die sich an den Zeitraum 1970 - 2014 anschließenden 44 Jahre bis zum Ende des Jahres 2058. Als Stichtag für den Beginn der Phase 1 wird allerdings rückwirkend der 1. Januar 2015 festgelegt. Darüber hinaus wird der zeitliche Rahmen um ein Bonus-Jahr bis zum 31. Dezember 2059 aufgestockt. Mit 2% pro Jahr "negativem" Wachstum ist die Menschheit dann auf der sicheren Seite.
Mit der zeitlichen Streckung der Vollstreckung bietet sich für die Menschheit die Chance, ihre inneren Angelegenheiten in Ordnung zu bringen. Dazu wird - selbstverständlich unverbindlich - empfohlen, sich davon zu emanzipieren, ein paar global aktive Kleptokraten über die gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse entscheiden zu lassen. Spätestens seit der Französischen Revolution 1789 sind alle Methoden bekannt, wie man sich vom Joch des Feudalismus befreien kann. Diese sind auch auf den Neo-Feudalismus übertragbar, der sich als Neo-Liberalismus verkauft. Für die Angehörigen dieser selbsternannten "Elite" empfiehlt die Biosphäre (unverbindlich) eine Reduktion der Anzahl um deutlich mehr als 60%.
Phase 1: Organisatorische Randbedingungen
Der eigentliche Adressat für den Überlebenspakt ist die weltweite Population der Spezies homo sapiens. Da die Menschheit aktuell in Staaten organisiert ist, werden die "Wachstums"-Vorgaben für die Phase 1 auf Staaten bezogen. Zum Stichtag 1. Januar 2015 definiert somit jeder Staat mit seiner Bevölkerung eine fiktive Sub-Spezies, die den Vorgaben der Biosphäre unterworfen ist. Durch Separation oder Zusammenschluss entstandene "neue" Staaten erben von ihren Vorgängern.
Staaten, deren Bevölkerungen in allen letzten 5 Jahren vor dem Stichtag 1. Januar 2015 nicht gewachsen sind, wird zugestanden, daß sie für ihre Start-Bevölkerungszahlen den Stand vom 1. Januar 2010 als Bezug wählen dürfen.
Unabhängig von der Staatsform werden Staaten durch ihre Staatsoberhäupter repräsentiert. Im Zweifelsfall bestimmt die Biosphäre das Staatsoberhaupt.
Phase 1: Ergänzende Hinweise
Einem Wirtschaftswachstum pro Kopf der (schrumpfenden) Bevölkerung bei gleichzeitig nicht wachsendem Ressourcenverbrauch und nicht wachsender Müllproduktion (beides pro Kopf der Bevölkerung) steht prinzipiell nichts im Weg. Dies betrifft in erster Linie Länder der "Dritten Welt."
Die Bekämpfung oder Eindämmung von mittelbaren und unmittelbaren Folgen der Bevölkerungsexplosion ist nicht mehr vorrangig: Die Menschheit sollte daher weniger Zeit verschwenden für die Lösung von Folgeproblemen wie z.B. Ressourcenverbrauch, menschengemachter Anteil am Klimawandel, Müllproduktion - getreu dem Motto: first things first.
Phase 1: Ausblick
An Phase 1 wird sich eine Phase 2 anschließen, bei der die individuell von den einzelnen Staaten in Phase 1 erreichten Erfolge Berücksichtigung finden.
Darüber hinaus behält sich die Biosphäre jederzeit - auch schon in Phase 1 - vor, an Einzelpersonen und an Angehörige von Institutionen "Bonuspunkte" für privilegiertes Aussterben zu vergeben für bestimmte Haltungen, Einstellungen und Aktionen. Darunter fallen z.B. evolutionsfeindliche bzw. evolutionsverachtende Ziele und Deklarationen, Evolutions- bzw. Biosphären-Schändung durch Außerkraftsetzung von fundamentalen Prinzipien und Eigenschaften des Lebens auf diesem Planeten (wie z.B. ökologische Nischen, Selbstorganisation, Anpassung, Interaktion, Artenvielfalt), die öffentliche Verklärung von exzessivem und unbeschränktem Wachstum und die Diffamierung von Maßnahmen zur Wachstumskontrolle.
Es wird empfohlen, diesen Themenbereichen in der Öffentlichkeit größere Aufmerksamkeit zu widmen und sie zum Gegenstand einer weltweiten Bildungsoffensive zu machen. Die Grundregel "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht" gilt in Strenge.
Dieser Pakt für das Überleben der Spezies homo sapiens wird im Folgenden auch kurz als AGENDA 2060 verschlagwortet.
Der Tag des 1. Jüngsten Gerichts (eine religiöse Metapher aus dem apokalyptischen Christentum) der Biosphäre ist somit der 1. Januar 2060. An diesem Tag wird über die Durchführung der Phase 2 entschieden.
Die Menschheit sollte diesen Pakt als Chance begreifen. Nichts ist bekanntlich alternativlos - hier ist die Alternative die vollständige Elimination einer Spezies aus der Evolution des Lebendigen. Durch die Kenntnisnahme des Pakt-Angebotes gibt es für die Menschheit jetzt eine Wahlmöglichkeit mehr: Sie muß nicht mehr blind aussterben, sondern darf es jetzt sehenden Auges tun, wenn sie sich durch Ignorieren oder Nichterfüllung der Agenda 2060 dafür entscheidet.
Epilog: An die Staaten dieses Planeten adressiert
Durch Ihren Beitritt zum Pakt gehen Sie eine freiwillige, gleichwohl verbindliche Selbstverpflichtung ein. Sie verpflichten sich, am Überlebensangebot der Biosphäre für die Menschheit teilzunehmen und Ihre Maßnahmen und deren Ergebnisse jährlich zum Jahresende in einem Bericht zu dokumentieren.
Vielen Staaten wird es nicht gleich gelingen, in der Anfangsphase der AGENDA 2060 die Zielvorgabe mit 2%-Zwischenzielen pro Jahr zu erfüllen. Bei wiederholtem Verfehlen dieses Kriteriums ist die Biosphäre berechtigt, vorzeitig weitere Maßnahmen zu ergreifen. Bis zum 1. Januar 2025 wird die Biosphäre allerdings von Sanktionen absehen, sofern mindestens ein 0%-Wachstum erreicht wird.
Bedenken Sie: Der Pakt wird auch dann für Sie wirksam, wenn Sie ihm nicht beitreten. Solche nicht kooperativen Staaten müssen allerdings damit rechnen, daß ihnen künftig die Wirtschaftsleistung der Biosphäre - die im Übrigen derzeit weitgehend ineffizient, d.h. durch Raubbau genutzt wird - anteilig als Kosten in Rechnung gestellt wird und nicht beglichene Schulden gegenüber vermögenden Staatsangehörigen weltweit eingefordert werden nach der Merkregel: "Vermögende Bürger haften für ihre Staaten." So ist z.B. eine Ressourcennutzungs-Abgabe in Höhe von 70% des Vermögens bzw. der Einkünfte denkbar. Auch hier gelten wieder die Staatsangehörigkeiten am Stichtag 1. Januar 2015, spätere Änderungen bleiben unberücksichtigt.
Speziell für den Adressaten Deutschland bietet sich im Rahmen dieses Projektes die Chance, sich aus dem Sumpf einer vergangenheitsorientierten, selbstbeweihräuchernden Selbstbeweinung zu verabschieden und sich als Schrittmacher in einem Prozess kreativer Zukunftsgestaltung sinnvoll national und international zu engagieren.
Abschließende Hinweise
Was dieser Pakt ist: ein Angebot der Biosphäre. Was dieser Pakt nicht ist: ein Positionspapier für Diskussionen oder Verhandlungen. Im Übrigen betrachtet die Biosphäre es als ihr unveräußerliches und uneinschränkbares Gewohnheitsrecht, unbotmäßige Spezies ganz oder in Teilen auszumerzen. Autor: representative.biosphere (via Paul Nucleus)
Für die Richtigkeit der Übertragung zeichnet Paul Nucleus
Hinweise zum Urheberrecht/Copyright Dieser Text ist gemeinfrei nach CC BY-ND 3.0 DE. Er darf übersetzt (im Zweifelsfall gilt immer die deutsche Originalversion), kopiert, aber nicht verändert werden. Text- bzw. Datenverfälschungen werden nicht nur "spezies-intern" juristisch bewertet, sondern qualifizieren auch zu "Bonuspunkten".