Wie antisemitisch ist die ungarische Regierung?

Seite 2: Wer zu den Angriffen auf Soros schweigt, schadet dem Kampf gegen jeden Antisemitismus

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Denn weder der Israelbezogene Antisemitismus noch der, der sich gegen die Kosmopoliten und "Wanderjuden" richtet, darf geduldet werden. Kürzlich ist im Nomos-Verlag unter dem Titel AfD und FPÖ ein Buch erschienen, in dem sich die israelsolidarische Linke mit der Tatsache auseinandersetzt, dass ein Teil der europäischen Rechten mittlerweile Israel zum Bollwerk gegen den Antisemitismus erklärt hat und trotzdem weiterhin antisemitisch sein kann.

Die meisten Beiträge kennzeichnet eine große analytische Schärfe. Dem Herausgeber Stefan Grigat ist zuzustimmen, wenn er schreibt, dass man bei den israelsolidarischen Rechten über den nicht auf Israel bezogenen Antisemitismus genau so wenig hinwegsehen sollte, wie man es bei einer Linken tut, die mit ihrem regressiven Antizionismus oft Einfallstore zum Antisemitismus bieten. Doch die von mehreren Autoren in dem Buch aufgeworfene These, dass eine proisraaelische Rechte für Israel ein Vorteil ist, muss mit einem großen Fragezeichen bedacht werden.

Die kluge Kritik von Clemens Heni, dem Direktor des Berlin International Center for the Study of Antisemitism an dem von Arte zunächst nicht gesendeten Dokumentarfilm "Auserwählt und Ausgegrenzt - der Hass auf Juden in Europa" (siehe Bild gegen Arte macht Hoffnung. Heni anerkennt die Intention der Filmemacher, sich gegen den auf Israel bezogenen Antisemitismus zu positionieren, aber er begründet, warum die Filmemacher diesem Anliegen konkret geschadet haben.

Eine viel bessere Vorlage für die BDS-Bewegung und andere Antisemiten könnte dieser Film an dieser Stelle kaum sein: er leugnet Massaker an Palästinensern während des israelischen Unabhängigkeitskrieges. Das stützt die Propaganda der Gegenseite, dass Israel die Wahrheit unterdrücke. Die Wahrheit ist: es gab Massaker an Palästinensern, aber die waren völlig offenkundig kein Völkermord und nicht ansatzweise mit der Shoah zu vergleichen, wie es "Nakba"-Propagandisten tun.

Clemens Heni

Genau so sollte sich eine israelsolidarische Linke von denen in ihren Reihen distanzieren, die in der Kampagne der ungarischen Regierung gegenSoros keinen Antisemitismus erkennen will, weil es sich ja um einen Kritiker der israelischen Regierung handelt. Wer so argumentiert, schadet dem Ziel, jede Form des Antisemitismus zu bekämpfen.