Wie wichtig ist die Nationalität eines Terroropfers?

Bild: W. Aswestopoulos

Aus griechischer Sicht ist die Deutsche, die an den Verletzungen durch den Terroranschlag in Barcelona gestorben ist, "das erste griechische Opfer des Islamischen Staats"

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In den deutschen Medien wird der Tod einer einundfünfzigjährigen Frau in Barcelona vermeldet. Die Frau hatte die deutsche Staatsbürgerschaft und ist das sechzehnte Opfer der Attacke vom 17. August.

In den griechischen Medien wird die gleiche Meldung aus anderer Sichtweise verbreitet. Das Terroropfer ist hier "das erste griechische Opfer des Islamischen Staats". Es dient den Medien als Kontrast zur Versicherung von Regierungsvertretern, dass es für Griechenland derzeit keine Gefahr von Seiten des IS geben würde. Das Schicksal der Frau wurde seit dem Anschlag minutiös von den Medien beobachtet. Die öffentliche Diskussion in Griechenland unter einschlägigen Artikeln in den Online-Medien ähnelt vollkommen den in Deutschland üblichen Kommentierungen. Das Flüchtlings- und Immigrationsthema polarisiert auch in Griechenland. Das war bereits so, bevor das Land eigene Opfer zu beklagen hatte,

Die Tatsache, dass sie sich von Beginn an in einem kritischen Zustand befand, sorgte seit dem Tag der Terrorattacke für Berichte. Zum Tod des Terroropfers gab es auch eine Note von Seiten des griechischen Staatspräsidenten Prokopis Pavlopoulos, welche an die akkreditierten Journalisten versandt wurde. Auch der Oppositionsführer Kyriakos Mitsotakis sprach mehrmals von einer Griechin als Opfer.

Begonnen hatte die Serie der Meldungen mit der Griechin als Opfer bereits kurz nach dem Anschlag. Das örtliche griechische Honararkonsulat von Barcelona hatte bekannt gegeben, dass ein Grieche die Verletzung seiner Frau und seiner beiden Kinder gemeldet habe.

Die Sekretärin des spanischen Honorarkonsuls hatte der staatlichen griechischen Nachrichtenagentur Athens News Agency/Macedonian News Agency gegenüber erklärt: "Der Vater ist unverletzt, die Mutter und die beiden Kinder sind verletzt worden." Sie schloss nicht aus, dass es weitere griechische Opfer geben könnte und fügte hinzu, dass der Vater geschockt sei und die Familie direkt im Zentrum des Geschehens gewesen wäre.

Das griechische Außenministerium vermeldete zunächst: "Wir verurteilen ohne Vorbehalte den blutigen Terroranschlag der vor Kurzem in Barcelona stattfand. Die Botschaft Griechenlands in Madrid und das Personal des Honorarkonsulats von Barcelona stehen in ständigem Kontakt zu den spanischen Behörden und bemühen sich um konsularische Betreuung. Entsprechend der bislang vorliegenden, offiziellen Meldungen der spanischen Behörden gibt es eine griechische Staatsbürgerin unter den Verletzten." Die ebenfalls verletzten Kinder wurden nicht erwähnt.

Einen Tag später meldete das griechische Außenministerium, dass die Frau mit einem Griechen verheiratet sei, die Kinder neben der deutschen auch die griechische Staatsangehörigkeit hätten, die Schwerverletzte selbst jedoch nur im Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit wäre. In den griechischen Medien gibt es verschiedene Informationen zu der Verstorbenen. Mal wird gemeldet, dass sie zusammen mit ihrem Mann in Athen gelebt hätte und griechische Vorfahren hätte, ein anderes Mal heißt es, sie sei bis zu ihrer Heirat nur Deutsche gewesen.

Die griechischen Terroropfer haben in den sozialen Medien wie Twitter und Facebook ein Echo gefunden. Verstärkt finden sich islamfeindliche Kommentare auch von Politikern. Unter denen, die einen Zusammenhang zwischen islamistischem Terror, Immigration und Flucht sehen, befindet sich auch der sozialdemokratische Politiker Andreas Loverdos. Loverdos sitzt für die PASOK im Parlament und hat dem Land mehrfach als Minister gedient.