Wiedervernässte Moore, Torf aus dem Baltikum und höhere CO2-Emissionen bei Gaskraftwerken

Drei Fragen aus dem Forum. Eine Telepolis-Kolumne.

Lassen sich Moore auch bei Dürre wieder vernässen?

Ein Kommentar zitiert aus dem Artikel "Warum Moore perfekte Klimaschützer sind" von Wolfgang Pomrehn:

Joosten spricht sich daher ebenfalls für die Wiedervernässung und für die aktive Bewirtschaftung dieser teil-renaturierten Moore aus. Die rechtlichen Rahmenbedingungen müssten dafür vereinfacht, vielversprechende Kulturen identifiziert, Bearbeitungstechniken weiterentwickelt und Marktanreizprogramme geschaffen werden.

Und fragt hinterher: "Und zeitgleich gibt es ja diesen lustigen Dürre-Monitor, der uns für fast die komplette Republik ein Feuchtedefizit bescheinigt. Wo soll eigentlich das viele Wasser herkommen?"

Die Frage nach dem verfügbaren Wasser in Zeiten von zunehmender Dürre ist nicht unberechtigt. Die im Artikel erwähnte Studie, die das Umweltbundesamt in Auftrag gegeben hatte, beschäftigt sich mit dieser Frage explizit nicht:

"Die Studie konzentriert sich auf rechtliche, ökonomische und soziale Hemmnisse, ohne dabei zu verkennen, dass es darüber hinaus weitere einschränkende Faktoren gibt, wie die flächenkonkrete Wasser- und Nährstoffverfügbarkeit", heißt es darin.

Werfen wir einen Blick darauf, wie die Wiedervernässung von Mooren funktioniert: "Hochmoore werden von Niederschlägen mit Wasser versorgt, Niedermoore vom Grundwasser. Der erste Schritt bei beiden Moortypen ist zunächst, Wasser in den Torf zu bringen. In der Regel bedeutet das: Die Pumpen werden abgestellt, die Drainagerohre aus dem Boden geholt und die Gräben angestaut", schreiben Jutta Walter und Matthias Büttner im Mooratlas.

Wiedervernässung bedeutet also in erster Linie, künstlich geschaffene Abflüsse zu stoppen, nicht zusätzliches Wasser auf die Fläche zu bringen. In Hochmooren werden neue Barrieren wie seitliche Dämme angelegt, bei Niedermooren muss für eine Wasserversorgung von unten gesorgt werden, zum Beispiel dadurch, dass Bäche wieder frei fließen können und Drainagen verfüllt werden.

Trotzdem können ausbleibende Niederschläge und hohe Verdunstung im Sommer ein Problem darstellen, wie etwa letzten Sommer aus dem Landkreis Cloppenburg berichtet wurde. Die dortigen Hochmoore und wiederzuvernässenden Moore beziehen das Wasser als Niederschläge.

Niedrige Grundwasserstände wiederum, die die Wasserverfügbarkeit für Niedermoore beeinträchtigen, haben oft eine Vielzahl von Ursachen. In der Lausitz beispielsweise wird der Grundwasserspiegel nach wie vor künstlich für den Tagebau abgesenkt.

Doch auch die Wassernutzung, etwa zur landwirtschaftlichen Bewässerung oder die Förderung von Trinkwasser kann dazu beitragen, dass Grundwasserspiegel sinken. In Flächen, die wieder vernässt werden sollen, muss daher auch die Grundwasserentnahme verringert oder für eine stärkere Grundwasserneubildung gesorgt werden. Letztlich sind alle Maßnahmen spezifisch an den jeweiligen Standort anzupassen.

Laut einer Studie der Universität Rostock und des Geoforschungszentrums Potsdam bedeutet ein zeitweiliges Trockenfallen von Mooren allerdings kein Problem für den Klimaschutz. Zwar komme es während der Trockenperioden zu größerem Ausgasen von Treibhausgasen, dieses würde aber durch den stärkeren Zuwachs der Vegetation in der Trockenperiode wieder ausgeglichen.

Kommt der meiste Torf aus dem Baltikum?

Ebenfalls unter dem Artikel zu den Mooren ist folgender Kommentar zu lesen:

Ich war letzten Herbst in der Nähe von Lohne (NieSachs) in einem großen Moorgebiet, wo auch Torf abgebaut wurde, zum Wandern. Dabei traf ich einen Mann von der staatlichen Moorverwaltung. Ich fragte ihn u.a. wie es denn künftig mit dem Torfabbau aussähe (es gab dort mehrere Torfbahnen und etwas weiter weg konnte man die großen Torflager eines Verarbeitungsbetriebes sehen. Der Mann meinte, dass die meisten Betriebe schon seit langer Zeit auf Torf aus dem Baltikum umgestellt hätten, in erster Linie aus Estland.

Man könnte den Eindruck gewinnen, dass man dort die Sache nicht so dramatisch sieht.

In absoluten Zahlen betrachtet, ist Finnland mit 5,4 Millionen Tonnen im Jahr 2022 der größte Torfabbauer in Europa, gefolgt von Deutschland mit 2,6 Millionen, Schweden mit 2,3 Millionen und Lettland mit 2 Millionen Tonnen. Aber auch in Estland und Litauen sind die Torfmengen im Verhältnis zu den Landesflächen mit 0,35 Millionen oder 0,48 Millionen Tonnen relativ hoch.

In Deutschland wird Torf fast ausschließlich noch in Niedersachsen abgebaut. Neue Abbauflächen sollen dort allerdings nicht mehr genehmigt werden. Auch andere europäische Länder planen, den Torfabbau stark zu beschränken. Dazu muss allerdings gesagt werden, dass Torf zum Teil noch als Brennstoff eingesetzt wird. Irland möchte bis 2030 keinen Torf zur Energiegewinnung mehr einsetzen und Finnland möchte diese um die Hälfte reduzieren.

Hierzulande ist Torf vor allem als Gartenerde gefragt, sowohl in privaten Gärten und auf Balkons als auch im professionellen Gartenbau. Der Torfabbau in anderen Ländern geht so auch auf das Konto der hiesigen Nachfrage nach dem Rohstoff.

Nach Angaben des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) werden über drei Millionen Kubikmeter Torf-Blumenerde jährlich allein in Gartencentern in Deutschland verkauft. Dabei ist es politisches Ziel, bis 2026 den Torf aus Hobbygärten und bis 2030 aus dem Erwerbsgartenbau zu verbannen. Als Ersatz können unter anderem Holzfasern, Kompost oder Kokosfasern eingesetzt werden.

Stoßen Gaskraftwerke mehr Kohlendioxid aus als Kohlekraftwerke?

Der Artikel "Die Erdgaslobby hat Deutschland weiter voll im Griff" von Hans-Josef Fell löste bei einigen Lesern Verwunderung aus, genauer gesagt der Absatz:

Die Erdgaslobby täuscht in ihren Gesprächen und Werbekampagnen Politik und Öffentlichkeit und stellt Erdgas als Beitrag zum Klimaschutz dar. Dies tut sie, obwohl längst wissenschaftlich bewiesen ist, dass Erdgaskraftwerke oder Erdgasheizungen bis zu 30 Prozent mehr Klimagase ausstoßen als Kohlekraftwerke oder Erdölheizungen.

Gewünscht wurde eine Quelle, angemerkt wurde außerdem:

Das ist zwar aufgrund der chemischen Zusammensetzung der jeweiligen Energieträger vollkommen unmöglich, (...)

Erdgas, welches hauptsächlich aus Methan besteht, besitzt lediglich ein Kohlenstoff-Atom und vier Wasserstoff-Atome. Alle anderen fossilen Energieträger haben ein schlechteres Kohlenstoff-Wasserstoff-Verhältnis.

Von Lesern angeführt wurden auch die von Volker Quaschning zusammengetragenen spezifischen CO₂-Emissionen verschiedener Brennstoffe, Zahlen, die übrigens zum größten Teil vom Umweltbundesamt stammen und damit auch die Grundlage bilden für die Berechnung des gesamten deutschen CO₂-Ausstoßes. Bei der Heizenergie stößt die Braunkohle hier 110,8 g CO₂/MJPE aus, Heizöl 74 g CO₂ und Erdgas 55,8 g CO₂.

Ähnlich sieht das Verhältnis bei der Stromerzeugung aus, was auch ein Grund dafür ist, dass Kohlekraftwerke eigentlich schneller vom Netz gehen sollten als Gaskraftwerke. (Ein zweites und wichtiges Argument für Gaskraftwerke ist, dass sie flexibler eingesetzt werden können und daher besser zu einem überwiegend auf erneuerbaren Energien basierendem System passen.)

Die von Hans-Josef Fell angeführten Mehremissionen von Gaskraftwerken und Gasheizungen sind jedoch nicht aus der Luft gegriffen, sondern wurden von ihm gemeinsam mit Thure Traber schon in der Studie "Erdgas leistet keinen Beitrag zum Klimaschutz" erklärt. Die Studie wurde 2019 bei der Energy Watch Group veröffentlicht.

Die Diskrepanz kommt zustande durch die unterschiedliche Gewichtung von Methanemissionen, die entlang der Kette von der Förderung des Brennstoffs bis zur Umwandlung in Strom oder Wärme entstehen. Zwar werden Treibhausgasemissionen in CO₂ angegeben, gemeint sind damit in der Regel aber CO₂-Äquivalente, das heißt, andere Treibhausgase wie Methan und Lachgase verbergen sich ebenso hinter dieser Zahl.

Im Fall von Erdgas geht es in erster Linie um Methan, das den Hauptbestandteil des brennbaren Gases bildet. Methan entweicht bei der Förderung und beim Transport von Erdgas insbesondere dann, wenn das Gas durch Fracking gewonnen wird. Fell und Traber konstatieren einen drastischen Anstieg von Methan in der Atmosphäre seit 2012. Bis zu 2,7 Prozent des geförderten Erdgases gingen nach dem Förderprozess verloren.

Doch nicht nur bei der Höhe der Methanemissionen setzen die Autoren höhere Werte an als etwa die Internationale Energieagentur (IEA), sondern auch bei dessen Klimawirksamkeit. Zwar wird Methan in der Atmosphäre viel schneller abgebaut als Kohlendioxid, es ist aber um ein Vielfaches klimawirksamer.

Für die Vergleichbarkeit von Methan und Kohlendioxid ist daher der Zeithorizont entscheidend, auf den die Klimawirksamkeit umgerechnet wird. Anstatt die Klimawirksamkeit für die nächsten 100 Jahre zu vergleichen, bevorzugen Fell und Traber einen Betrachtungszeitraum von nur 20 Jahren, wodurch Methan gegenüber Kohlendioxid ein stärkeres Gewicht bekommt. Die 20-jährige Klimawirkung von Methan sei für die Vermeidung von Kipppunkten entscheidend, so das Argument.

Für Frackinggas kamen die Autoren 2019 in ihrer Berechnung sogar zu einem um 41 Prozent höheren Treibhausgasausstoß eines Gaskraftwerkes im Vergleich zu einem Kohlekraftwerk.

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