Wird Kamala Harris die erste Präsidentin der USA?
In einer aktuellen Umfrage wird Harris positiver bewertet als Biden, Pence oder Trump. Bei einer Wahl Bidens hätte sie eine Chance auf die Präsidentschaft
Die Nominierung von Kamala Harris für das Amt der Vizepräsidentin scheint sich vorerst positiv für den Präsidentschaftskandidaten der U.S.-Demokraten, Joe Biden, auszuwirken. Laut einer Umfrage von Axios, die nach Bekanntwerden der Nominierung von Harris durchgeführt wurde, zeichnen sich Stimmengewinne in wichtigen Wählerschichten ab.
Schwarze, insbesondere schwarze Frauen, und Hispanics geben an, dass sie nun eher für Biden stimmen werden. Bei demokratischen Wählern wie auch bei unabhängigen Wählern scheint sich die Unterstützung für Biden ebenfalls erhöht zu haben. Unter weißen Männern, Personen ohne College-Abschluss und Senioren über 65 scheint sich die Zustimmung für Biden etwas verringert zu haben. Unter dem Strich werden moderate Zugewinne für Biden konstatiert.
Der Einfluss der Kandidaten für die Position des Vizepräsidenten auf das Wahlergebnis einer Präsidentschaftswahl wird allgemein als begrenzt eingeschätzt. Von Harris wird erwartet, dass sie sich als routinierte Wahlkämpferin in den kommenden Monaten nur wenige große Fehler erlauben wird. Andererseits steht anzunehmen, dass sie als Senatorin aus Kalifornien nicht zwingend eine starke Anziehungskraft auf unentschlossene Wähler in den "Swing States" ausüben wird.
Allerdings stellen schwarze Wähler auch in den umkämpften Bundesstaaten eine Wählergruppe signifikanter Größe dar. Ein nennenswerter Teil dieser Wähler nahm im Jahr 2016 überhaupt nicht an der Wahl teil. Eine wichtige Aufgabe von Harris dürfte es sein, genau diese Gruppen für die Demokraten wieder zu aktivieren.
Eine Mehrheit sieht Harris derzeit positiv
Die Zustimmung für Kamala Harris unter den befragten Wählern, so die Axios-Umfrage, ist derzeit per Saldo 2 Prozent positiv. 36 Prozent der Befragten stimmen ihr zu, 34 Prozent lehnen sie ab. Damit rangiert sie vor den anderen Präsidentschafts- und Vizepräsidentschaftskandidaten; Pence liegt bei -5, Biden bei -7 und Trump bei -11 Prozent.
Fox News zitiert eine Umfrage, die am Tag vor der Nominierung von Kamala Harris veröffentlicht wurde, derzufolge eine Mehrheit amerikanischer Wähler eine positive Meinung von der Senatorin habe. 43 Prozent der Befragten seien positiv gegenüber Harris eingestellt, 36 Prozent eher negativ. Die Zahlen divergieren stark nach Parteizugehörigkeit. 76 Prozent der Demokraten, doch nur 10 Prozent der Republikaner sähen Harris positiv.
"Ihre Werte sind unglaublich hoch bei afroamerikanischen Wählern, bei Leuten, die Präsident Trump nicht mögen, und bei wichtigen Teilen der Basis der Demokraten", erklärte ein Kommentator auf Fox News.
Laut einer Umfrage von Politico, die am Tag nach der Nominierung durchgeführt wurde, befürworten 53 Prozent der Wähler die Entscheidung für Harris. In einer Umfrage von ABC News / Ipsos wiederum nannten 47 Prozent der Befragten die Entscheidung für Harris "gut" oder "exzellent", 29 Prozent bezeichneten sie als "nicht so gut" oder "schlecht".
Laut Newsweek erfreue sich Harris bereits dauerhafter Popularität unter registrierten Wählern der demokratischen Partei. Schon vor ihrer Nominierung sei sie unter Demokraten die Favoritin für die Kandidatur gewesen. 51 Prozent der Unterstützer Bidens sind laut einer Umfrage von The Economist/YouGov der Ansicht, dass Harris die Chancen auf einen Wahlerfolg der Demokraten verbessert.
2024: Kamala Harris For President?
Sollte Joe Biden die kommende Präsidentschaftswahl gewinnen, könnte Harris die erste Präsidentin der USA werden. Biden, der zum Amtsantritt 78 Jahre alt und damit der älteste jemals amtierende Präsident wäre, erklärte bereits vor einiger Zeit, dass er eine Brücke zur nächsten Generation der Führungspolitiker der Demokraten sein werde.
Sollte Biden gewählt werden, aber seine Amtszeit nicht beenden, würde Harris automatisch nachrücken und sie zu Ende führen. Selbst wenn Biden gewinnt und seine Amtszeit durchhält, ist es angesichts seines fortgeschrittenen Alters nicht sicher, dass er für eine zweite Amtsperiode zur Verfügung steht. In diesem Szenario wäre es nicht unwahrscheinlich, dass Harris im Jahr 2024 für das Amt des Präsidenten kandidiert.
Die Statistiker von Fivethirtyeight haben die historischen Daten ausgewertet: Das Amt des Vizepräsidenten ist das wichtigste Sprungbrett zur Präsidentschaft. Seit 1789 sind 14 von 47 Vizepräsidenten zum Präsidentenamt aufgestiegen. Von 13 Vizepräsidenten seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden vier Präsident. Drei von ihnen, Nixon, Johnson und Bush senior, haben eine Präsidentschaftswahl gewonnen.
Die Nominierung von Kamala Harris ist somit potentiell historisch bedeutsam. Sollte Joe Biden die Wahl im November gewinnen, wäre sie die erste Frau, welche die Vizepräsidentschaft innehat. Damit wäre auch die Wahrscheinlichkeit gestiegen, dass Kamala Harris die erste Präsidentin in der Geschichte der USA wird.
Dr. habil. Thomas Schuster, ehem. Berater bei Roland Berger und ehem. Autor der Frankfurter Allgemeine ist Hochschullehrer für Kommunikations- und Medienwissenschaft. Seine Bücher "Staat und Medien. Über die elektronische Konditionierung der Wirklichkeit" und "Die Geldfalle. Wie Medien und Banken die Anleger zu Verlierern machen" sind bei S. Fischer und im Rowohlt Verlag erschienen.
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