Wird Lawrence Lessig CEO?
Lizenz-Plattform "Creative Commons" startet im Mai
Lawrence Lessig ist bekannt als brillanter Autor und engagierter Kämpfer gegen die Auswucherungen der Copyright-Industrie. Nun will er der theoretischen Vorbereitung Taten folgen lassen und gründet gemeinsam mit zahlreichen akademischen Mitstreitern eine Plattform zur Lizenzierung geistigen Eigentums.
Gegenüber dem SF Gate ließ Lessig am Montag erstmals öffentlich durchblicken, an was er gemeinsam mit zahlreichen Kollegen nun schon seit über einem Jahr bastelt: Creative Commons soll eine Lizenzierungsplattform für geistiges Eigentum werden, mit deren Hilfe sich Musiker, Filmemacher, Autoren und Programmierer ihre Wunschlizenzen zusammenstellen können. Ziel ist es, dadurch die freie Nutzung geistigen Eigentums zu fördern und ihre Überführung in den Bereich der Gemeingüter zu vereinfachen - eine Art Public-Domain-Geburtshilfe sozusagen.
Creative Commons will dabei offenbar nicht vorhandenen Lizenzierungsmodellen wie der General Public License Konkurrenz machen, sondern gerade dort greifen, wo diese versagen beziehungsweise noch Berührungsängste existieren. Zudem sollen die Lizenzen flexibler handhabbar sein. So sollen Musiker etwa die Möglichkeit haben, festzulegen, dass ihre Songs für nicht-kommerziellen Gebrauch frei kopiert werden können. Sobald sie in einem kommerziellen Rahmen genutzt werden, könnte eine Tantiemen-Zahlung fällig werden, die an an Faktoren wie Auflage, Umsatz oder Nutzungsart gekoppelt sind. Eine andere Anwendungsmöglichkeit wäre eine Lizenzierung nur für akademischen Gebrauch.
Lizenzen in XML
Ob und in welcher Form Creative Commons selbst Tantiemen-Transaktionen unterstützen wird, steht aber offenbar noch nicht fest. Das Projekt wird seit Anfang vergangenen Jahres von einer ganzen Reihe von Akademikern der Stanford University, des MIT, der Yale und der Harvard University aufgebaut. Öffentlich vorgestellt werden soll es anlässlich der O'Reily Emerging Technology Conference im Mai diesen Jahres. Bis dahin hält man sich mit Details noch bedeckt. Auf der Website Creativecommons.org gibt es dementsprechend bisher nur wenig zu sehen. Doch wer ein bisschen im Netz sucht, findet so ein oder anderen Hinweis darauf, wie Lessigs Lizenz-Wunderkind möglicherweise einmal aussehen könnte.
Der SF Gate berichtet zudem, dass Creative Commons Lizenzinformationen auch in einem maschinenlesbaren Format anbieten möchte. So könnten sich Urheber mit Hilfe der Website möglicherweise nicht nur den nötigen Lizenzvertrag, sondern auch gleich die dazugehörigen XML-Daten zusammenklicken, um die Lizenz-gerechte Weiterverarbeitung ihrer Werke zu garantieren. In einem früheren Arbeitspapier wurde zudem diskutiert, ob Creative Commons die Werke zentral hosten und damit zu einer Art MP3.com für geistiges Eigentum mit freundlichen Spielregeln werden soll. Aktuelle Äußerungen lassen jedoch darauf schließen, das man statt dessen auf ein "Distributed Commons"-Modell setzt - die Inhalte werden weiter von den Eigentümern selbst beziehungsweise von anderen Dienstleistern gehostet, Creative Commons hilft lediglich beim Zusammenstellen der nötigen Lizenzen und der Meta-Daten. Zudem soll das Einhalten der Lizenzen in Einzelfällen durch Pro Bono-Vertretungen der beteiligten Juristen erzwungen werden.
Lessig: Lieber CEO als Jura-Professor?
Creative Commons wird als gemeinnützige Firma auftreten, wobei noch nicht bekannt ist, wer die Rolle des CEOs übernehmen wird. Gut möglich, dass Lessig es sich nehmen lässt, diese Rolle selbst auszuüben. So hat er bereits angekündigt, sich für die Plattform zumindest teilweise aus dem Lehrbetrieb der Stanford University zurückzuziehen. Zudem fungiert er bereits als Namensgeber. Praktisch sein gesamtes neues Buch "The Future of Ideas" widmet sich den "Commons" - den öffentlichen Räumen und frei verfügbaren Gemeinschaftsgütern. Auch in seinem erst kürzlich erschienenen und höchst empfehlenswerten Text "Internet Under Siege" geht er auf deren Wert für die Weiterentwicklung der digitalen Welt ein. Ohne offene Plattformen, ohne frei nutzbare Inhalte gebe es keine Innovation, so Lessig. Zum Schluss des im November erschienenen Textes heißt es:
"Das Internet versprach der Welt - insbesondere den Schwächsten der Welt - die schnellsten und dramatischsten Veränderungen der Wachstum behindernden Schwellen. Dieses Versprechen ist davon abhängig, dass das Netzwerk offen für Innovation bleibt."
Ein Anliegen, das Lessig nun offenbar nicht mehr nur mit Worten verteidigen will.