Wirft Ecuador Assange aus der Botschaft in London?
Der Präsident des südamerikanischen Landes bezeichnet den Aktivisten als "Stein im Schuh", Hinweise auf Auslieferungsabkommen mit London
Nach über sechs Jahren Exil in den Räumen der ecuadorianische Botschaft in London könnte der Journalist und Gründer der Enthüllungsplattform WikiLeaks, Julian Assange, in absehbarer Zeit an Großbritannien ausgeliefert werden. Entsprechende Gerüchte aus dem WikiLeaks-Umfeld bestätigten nun die Chefredakteurin des russischen Auslandsenders RT, Margarita Simonyan, und der US-Journalist Glen Greenwald vom Investigativ-Portal The Intercept. Bei einer Auslieferung an Großbritannien bestünde eine reale Gefahr, dass die US-Regierung unter Präsident Donald Trump versucht, des Australiers habhaft zu werden, um ihn wegen der massenhaften Veröffentlichung von Geheimdokumenten unter anderem zum Irak-Krieg anzuklagen. Laut Greenwald hat Ecuadors Präsident Lenín Moreno bereits vor einem Besuch in Großbritannien und Spanien ab diesem Wochenende eine bilaterale Vereinbarung mit der Regierung von Premierministerin Theresa May verhandeln lassen, um die Übergabe Assanges zu regeln. Der Bericht bei The Intercept beruft sich auf eine anonyme Quelle, "die dem ecuadorianischen Außenministerium nahesteht".
Ein solcher Versuch der Moreno-Regierung, das Botschaftsasyl für Assange zu beenden, wäre durchaus schlüssig: Seine Regierung hatte dem WikiLeaks-Gründer vor mehreren Monaten bereits alle Kommunikationskanäle gesperrt, sodass Assange de facto von der Außenwelt abgeschnitten ist. Schon im Januar dieses Jahres bezeichnete Moreno Assange zudem als "Stein im Schuh" für die Außenpolitik seines Landes. Die Internetsperrung erfolgte wenig später dann offenbar auf Druck der spanischen Regierung, nachdem Assange die massive Gewalt der paramilitärischen Guardia Civil gegen Demonstranten der Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien kritisiert hatte.
Grund für die verweigerte Solidarität Ecuadors ist der Regierungswechsel in dem südamerikanischen Land im Mai 2017. Obwohl Moreno seinem Vorgänger Rafael Correa nahestand und auf dem Ticket von dessen Partei Alianza País die Wahlen gewann, krempelte er die Regierung komplett um und stoppte das progressive Projekt von Correas "Bürgerrevolution". Seither hat sich Ecuador wieder im Eiltempo an die USA, die EU und den IWF angenähert und ist ins Lager der neoliberalen Staaten Lateinamerikas gewechselt. Assange befindet sich damit seit dem Regierungswechsel quasi auf feindlichem Gebiet.
Eine Auslieferung wird der Moreno-Regierung dennoch einige Probleme bescheren. Zum einen hat die Arbeitsgruppe zum Thema willkürliche Inhaftierungen der Vereinten Nationen die verschiedenen Formen der Freiheitsberaubung, denen Julian Assange ausgesetzt wurde, verurteilt. Zum anderen erklärte der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte unlängst, dass Ecuador zum Schutz der Sicherheit von politischen Flüchtlingen verpflichtet sei, die sich in die diplomatischen Vertretungen des Landes geflüchtet haben.
Lange Zeit bestand gegen Assange ein Haftbefehl der schwedischen Staatsanwaltschaft wegen Vergewaltigungsvorwürfen. Dieser Haftbefehl wurde im Mai vergangenen Jahres fallengelassen. Im Februar dieses Jahres wollte die Verteidigung des Internetaktivisten erreichen, dass auch die britische Justiz von der Festnahme ihres Mandanten absieht. Dies lehnte die Richterin jedoch ab: Indem Assange sich 2012 in die Botschaft des südamerikanischen Staates geflüchtet hat, habe er gegen die damaligen Kautionsauflagen verstoßen und damit ein eigenständiges Delikt begangen. Ihm drohe dafür Haft in Großbritannien - von wo er an die alliierten USA ausgeliefert werden könnte.
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