Wirtschaftskrieg mit Russland: Weltweite Energiekrise in Sicht

Symbolbild: Raimond Castillo auf Pixabay

Ölexporte aus Kasachstan könnten bald weitgehend zum Erliegen kommen. Das treibt nicht nur die weltweiten Preise, sondern trifft auch US-Konzerne direkt.

Deutschland und Europa durchleben zurzeit eine Gaskrise – und eine weltweite Ölkrise könnte bald hinzukommen. Vieles deutet darauf hin, dass die Ölexporte aus Kasachstan ins Stocken geraten könnten – immerhin ein Prozent der weltweiten Ölversorgung würde dann zum Erliegen kommen.

Analysten von J.P. Morgan gehen davon aus, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters, dass die Ölpreise auf ein Allzeithoch von 190 US-Dollar je Barrel steigen könnten. Den Grund dafür sehen sie in dem Konflikt zwischen dem "Westen" und Russland, der eine Produktion von drei Millionen Barrel am Tag beeinträchtigten könnte.

Kasachstan exportiert sein Erdöl vorwiegend über eine Leitung des sogenannten Kaspische Pipeline-Konsortiums (CPC). Diese transportiert es vom riesigen Tengiz-Feld durch Russland zum Exportterminal im Hafen von Noworossijsk am Schwarzen Meer.

Über diese Route werden etwa 80 Prozent der rund kasachischen Ölproduktion (1,6 Millionen Barrel Öl pro Tag) transportiert. Vom Rest verlassen weitere 15 Prozent das Land auch über Russland. Und etwa fünf Prozent gehen über die Schiene und das Kaspische Meer nach China und andere Ziele.

Russland stoppt kasachischen Export über das Schwarze Meer

Ein Gericht in Noworossijsk hatte letzte Woche den Stopp des Pipeline-Betriebs für 30 Tage angeordnet und begründete die Entscheidung mit Bedenken zum Umgang mit Ölunfällen. Am Montag wurde das Urteil allerdings aufgehoben und stattdessen wurde ein Bußgeld in Höhe von 200.000 Rubel (3.300 US-Dollar) verhangen.

Wie Reuters nun berichtete, dürfte sich der Fall aber noch nicht erledigt haben. "Quellen" halten dem Bericht zufolge immer noch größeren Störungen für möglich. Russland beteuert zwar als Miteigentümer, dass alle Unterbrechungen auf technische Probleme zurückzuführen seien – doch die westlichen "Partner" gehen davon aus, dass der Schritt politisch motiviert ist.

Doch schon im März musste der Öltransport aufgrund von Sturmschäden unterbrochen werden. Außerdem habe die kasachische Polizei mitgeteilt, so Reuters, dass es auf dem Tengiz-Ölfeld eine Explosion gegeben habe, bei der zwei Arbeiter getötet wurden.

US-Konzern Chevron besonders betroffen

Es deutet tatsächlich einiges darauf hin, dass auf diesem Wege der Machtkampf zwischen Russland und den USA ausgetragen wird. Die Vereinigten Staaten hatten Sanktionen gegen russisches Erdöl verhängt, gleichzeitig erlaubten sie den ungestörten Fluss kasachischen Öls durch Russland.

Diese Entscheidung war nicht uneigennützig: Tengizchevroil ist der Betreiber von Kasachstans größtem Ölfeld Tengiz – und an ihm hält der US-Energieriese Chevron einen Anteil von 50 Prozent. Ein anderer Anteilseigner an dem Konsortium ist mit Exxon ein weiterer Ölkonzern aus den USA.

Chevron wäre von einer längeren Störung der Pipeline besonders betroffen: Der Konzern würde etwa ein Achtel seiner gesamten Ölproduktion, rund 380.000 Barrel pro Tag, verlieren – und damit eine Milliardensumme.

Zudem wäre dann auch seine weitere Entwicklung beeinträchtigt: "Wenn die Investitionen von Chevron in Kasachstan beeinträchtigt würden oder verloren gingen, könnte dies zu einer Herabstufung der Ratings führen", heißt es bei Reuters, und damit seien auch die Wachstumspläne des Konzerns gefährdet.

Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew hat jetzt angekündigt, dass neue Routen für Öllieferungen erschlossen werden sollen. Doch kaum eine der möglichen Optionen ist zeitnah und ohne riesigen Aufwand zu erschließen. "Um ehrlich zu sein, glaube ich nicht, dass wir irgendetwas umleiten können", sagte ein westlicher Händler gegenüber Reuters.