Wollte die NSA Siemens ausspionieren?
BND kooperiert angeblich mit 451 Geheimdiensten aus 167 Ländern
Einem Bericht der Bild am Sonntag nach wollte der amerikanische Geheimdienst NSA den deutschen Bundesnachrichtendienst BND dazu bringen, den Siemens-Konzern auszuspionieren. Dabei beruft sich die Zeitung auf Informationen aus US-Geheimdienstkreisen. Als Begründung dafür gaben die Amerikaner an, dass Siemens dem russischen NSA-Äquivalent Spetssvyaz Technik lieferte, die nachrichtendienstlich einsetzbar gewesen sein soll. Von Siemens heißt es dazu bislang lediglich, dem Konzern seien "keinerlei Fakten im Verantwortungsbereich des Unternehmens bekannt, die eine Motivation von nachrichtendienstlicher Seite nachvollziehbar machen würden."
Ob man die mit Spetssvyaz-Geschäften begründeten Wünsche zum Ausspionieren von Siemens als Wirtschaftsspionage wertet, ist eine Definitionsfrage. Wertet man sie als solche, dann wären nicht nur Airbus und EADS Ziele von US-Wirtschaftsspionage gewesen - und Bundeskanzlerin Angela Merkel hätte dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel (nach dessen eigenen Angaben) möglicherweise zwei Mal die Unwahrheit gesagt, oder selbst nichts von den Spionagewünschen bei Siemens gewusst. Beides wäre für die aktuelle Berliner Koalition eine Belastung.
Die NSA-Suchbegriffe oder "Selektoren", die Gabriel für das Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages und den NSA-Untersuchungsausschuss forderte, sind - bis auf einzelne Beispiele - weiter unbekannt. Bekannt ist lediglich, dass es sich mehrere zehntausend handelt - deutlich mehr, als früher angenommen. Angeblich lehnt die US-Regierung eine Veröffentlichung der Liste ab, weil sie Sicherheitsinteressen gefährdet sieht, wenn Terroristen wissen, welche Merkmale sie in ihrer Kommunikation vermeiden müssen, um den Diensten nicht aufzufallen. Zum Beispiel "Siemens" oder "Airbus".
Nach dem Öffentlichwerden einzelner Selektoren, die darauf hindeuten, dass die NSA via BND nicht nur Terroristen, sondern auch Wirtschaftsunternehmen und ausländische Politiker ausspioniert, wurde die Datenweitergabe Kanzleramtschef Peter Altmaier zufolge eingeschränkt. Nun soll geprüft werden, ob durch sie Rechte deutscher Staatsbürger und "europäische Interessen" verletzt wurden.
Die Welt am Sonntag berichtet unter Berufung auf "Sicherheitskreise", dass die US-Dienste nach der Einschränkung der Datenweitergabe damit gedroht haben, dem BND künftig nur noch Terrorwarnungen zu übermitteln und andere Informationen, die den deutschen Geheimdienst interessieren, für sich zu behalten. Auch mehrere andere der angeblich 451 Geheimdiensten aus 167 Ländern, mit denen der BND dem Bericht nach aktuell zusammenarbeitet, überlegen wegen der aktuellen Geheimdienstdebatte in Deutschland, ob sie die Zusammenarbeit einschränken, damit ihre geheimen Informationen geheim bleiben.
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