Wortfilter die Zweite / ill communication

Die Aufregung um die temporäre Nicht-Erreichbarkeit der Seite Wortfilter demonstriert auf anschauliche Weise, was passiert, wenn tradierte Wege der Kommunikation versagen

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Jetzt ist sie wieder online (vgl. Wortfilter offline), die Website mit dem Titel Wortfilter bei eBay: Zensur und ihre Folgen. Für oberflächliche Betrachter ist der Fall damit erledigt.

Wie Axel Gronen bereits vermutet hatte, war nicht die Seite www.wortfilter.de der Grund für die Sperrung. Sondern jene neue Domain, die er registrieren ließ, um vor laufender Kamera eine Sicherheitslücke bei eBay.de zu demonstrieren. Im Namen dieser Domain taucht das Wort eBay auf. Dies jedoch war nicht das Problem. Das Problem waren vielmehr Optik, Aufbau und Programmierung der Seite. Zum einen sah sie exakt so aus wie die entsprechende Seite bei eBay. Zum anderen spielte die Passwortabfrage eine zentrale Rolle. Da schrillten bei Host Europe die Alarmglocken. Erstens werden bei einer originalgetreuen Nachbildung der eBay-Seiten Marken-, Bild- und Urheberrechte verletzt. Zweitens sah die Seite ganz danach aus, als ob hier einer password-grabbing betreiben wolle. Sprich: theoretisch hätte Axel Gronen mit seiner Seite die Passwörter verirrter eBay-User ausspähen können. Allerdings war die Seite in keiner Weise verlinkt, war also nur erreichbar, wenn man die exakte URL kannte. Insofern bestand laut Axel Gronen keine Gefahr, dass unbedarfte eBay-User dort landen.

Patrick Habel, Pressesprecher des Providers Host Europe, bestätigt: Die Anregung, sich die neue Seite von Axel Gronen doch mal genauer anzusehen, ging von eBay.com aus. Allerdings habe eBay.com keinerlei Druck auf Host Europe ausgeübt. Vielmehr habe man die Seite mit dem Namensbestandteil eBay überprüft und festgestellt, dass sie in mehreren Punkten gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Host Europe verstößt. So heißt es beispielsweise in Paragraph 4, Absatz 1 der AGB von Host Europe

Der Kunde darf durch die Internet-Präsenz sowie dort eingeblendete Banner nicht gegen gesetzliche Verbote, die guten Sitten und Rechte Dritter (Marken, Namens-, Urheber-, Datenschutzrechte usw.) verstoßen.

Pressesprecher Habel:

Hier mussten wir genauso reagieren wie zum Beispiel bei rechtsradikalen oder pornographischen Seiten. Da können wir erst mal nicht differenzieren. Vielmehr wollen wir erst mal den Beweis sehen, dass diese Seite in dieser Form online gehen darf.

Bleibt eine gesetzeswidrige Seite nämlich online, nachdem sie vom Provider überprüft wurde, wird der Provider zum Mittäter und macht sich damit potentiell strafbar.

Habel legt großen Wert darauf, dass es bei der temporären Sperrung zu keinem Zeitpunkt um den Inhalt von www.wortfilter.de ging. Er selbst schätze die Seite sehr und habe sich auch schon oft über die Wortfilter-Funktion von eBay geärgert. Trotzdem: Gesetz ist Gesetz, Sympathien dürfen hier keine Rolle spielen. Warum dann gleich alle Domains von Axel Gronen gesperrt wurden, hat mehrere Gründe. Zum einen war die neue eBay-Domain Teil eines so genannten WebPacks, eines Pauschalangebotes also. Zum anderen waren zum fraglichen Zeitpunkt mehrere Entscheidungsträger im Pfingsturlaub (bei Host Europe ist man so freundlich, den Mitarbeitern auch noch den Dienstag nach Pfingsten zu gönnen - das Haus war also nicht voll besetzt). Mit anderen Worten: als es darum ging, zu entscheiden, ob die fragliche Seite online bleiben darf oder nicht, wurde bedauerlicherweise das ganze WebPack vom Netz genommen. Das dies nicht korrekt war, räumt Habel ein. Auch bedauert er, dass die Seite www.wortfilter.de erst gestern Mittag wieder erreichbar war.

Bei Host Europe wurde die fragliche Seite selbstverständlich gesichert. Falls das FBI oder andere Behörden sich der Sache annehmen sollten. Freiwillig gibt man jedoch nichts heraus. Auch eBay bekomme nichts von ihnen, so Habel. Jedenfalls so lange es keinen Antrag vom Staatsanwalt gibt.

Dass die beanstandete Domain nicht verlinkt war, ist für Habel kein ausreichender Schutz der Seite vor Missbrauch. Natürlich unterstellt er Axel Gronen keinen bösen Willen. Trotzdem hätte Gronen den Vorführ-Charakter seiner Seite kenntlich machen müssen. Dass das zu Lasten der Authentizität ginge, ist Habel natürlich klar. Das Problem hätte man laut Habel aber leicht lösen können, etwa indem man die fragliche Seite durch ein Passwort schützt. Dann hätte Gronen dem Fernsehteam, mit dem er gestern seinen Termin hatte, die neue Sicherheitslücke bei eBay wie geplant vorführen können. Der Drehtermin ist durch die Sperrung der Seite übrigens nicht geplatzt. Die Vorführung musste nur in etwas abgewandelter Form stattfinden. Das war möglich, weil die Sicherheitslücke bei eBay nach wie vor existiert. Axel Gronen geht davon aus, dass die Lücke erst gestopft wird, sobald die Sendung im Fernsehen lief. Das sagt ihm seine Erfahrung mit eBay. Der Sendetermin steht zwar schon fest. Um die weiteren Dreharbeiten jedoch nicht zu behindern, bleibt er vorerst geheim.

Noch ist unklar, ob Gronen bei Host Europe bleibt. Seinen Vertrag hat er gestern fristlos gekündigt. In seinem Newsletter schreibt Gronen, er wolle heute entscheiden, ob die Seite www.wortfilter.de tatsächlich umziehen werde oder nicht. Das hänge davon ab, ob er heute "Kontakt zu denen" bekomme. An der Erreichbarkeit soll es nicht scheitern: Pfingsten ist vorbei, Gronen hat ein Handy - ideale Vorraussetzungen für ein klärendes Gespräch.