Zahlungsfähigkeits- versus Liquiditätskrise?
Um die 2008 geplatzte Kreditblase zu beheben, muss der Teufel aus dem System ausgetrieben werden
In der Ökonomie gibt es oftmals kleine, aber feine Unterschiede. Wenn man die Ursache einer Krise nicht versteht, kann man deshalb mit Symptombekämpfung nichts bewirken. Wenn der ehemalige US-Finanzminister Henry Paulson meint, dass die Weltwirtschaftskrise, die 2007 ihren Anfang nahm, nur eine Liquiditätskrise ist, dann irrt er gewaltig. Er hat ebenso wie sein Nachfolger Geithner und Fed-Chef Bernanke nicht verstanden, dass wir es heute mit einer Solvenzkrise zu tun haben.
Eine Solvenzkrise kann nicht mit inflationärem Gelddrucken bekämpft werden, sondern nur durch den Konkurs der Schuldner, die ein zu großes Rad gedreht haben. Eine Prolongierung des Tages der Abrechnung hilft nicht weiter, da die zwischenzeitliche Verlängerung des unsagbaren Zustandes auf Kosten der Steuerzahler finanziert wird.
Neue Zockerrunde
Die Kreditblase, die im Jahr 2008 endgültig platzte, kann nicht mit einer Entwertung des Dollar behoben werden, sondern nur dadurch, dass man den Teufel aus dem System austreibt. Eine Rückkehr zum Glass Steagall Act verbunden mit einem Eigenhandelsverbot für Banken ist der einzige Weg den Spekulationstrieb der Bank und die Gier an der Wallstreet zu stoppen. Die Krise ist solange nicht zu Ende, so lange es faule Kredite in Unmengen gibt, und sie wird auch nicht dadurch beseitigt, dass man diese in Bad Banks auslagert.
Wenn Ben Bernanke davon ausgeht, dass man durch das so genannte "Quantitative Easing", d.h. den Ankauf von eigenen Staatsanleihen, genügend Liquidität schafft, damit sich die Krise von selbst überwindet, dann geht er davon aus, dass sich die Banken wieder auf ihr eigentliches Kreditgeschäft besinnen. Doch davon ist in der realen Wirtschaft nichts zu spüren. Statt die Unternehmen mit ausreichend Kapital zu versorgen, horten die Großbanken die zusätzliche Liquidität und zocken im internationalen Spielcasino Wallstreet längst wieder um die Wette wer der beste Spieler ist.
Virtuelle Buchungen ausmerzen
Damit erweist sich die Bailout-Strategie der Fed als fatale Fehlentscheidung zur Bekämpfung der Krise. Den drogensüchtigen Wallstreetbankern wurde der Goldene Schuss verpasst, mit der Folge, dass nun die Anleihenpreise zum ultimativen Superbubble avancieren. Dass damit die Fundamente für eine spätere Hyperinflation gelegt werden, scheint niemand im politischen Washington wirklich zu interessieren, zu groß ist die Versuchung die eigentlichen Ursachen nicht anzugehen, um die nächsten Wahlen zu gewinnen.
Auch wenn die Federal Reserve mit ihren Maßnahmen bisher Bankenruns verhindern konnte, so ist das eigentliche Problem, dass die Krise durch bilanzielle Überschuldungen geprägt ist. Zwar weist die Deutsche Bank durch ihre Buchhaltungstricks wieder Gewinne aus, würde man jedoch die versteckten Verluste mit dem Eigenkapital aufrechnen, wäre die Bank eigentlich pleite. Das Problem hierbei ist, dass es ohne staatliche Übernahme der Bank und deren Zerschlagung keinen umfassenden Überblick über die tatsächliche Finanzsituation der Bank geben kann.
Von einem Crash zum nächsten
Der CEO von Lehman Brothers, Dick Fuld, ist hauptsächlich deshalb gescheitert, weil er nicht erkannte, dass seine Bank nicht wegen fehlender Liquidität untergegangen ist, sondern weil diese hoffnungslos überschuldet war. Eine bilanzielle Überschuldung tritt dann auf, wenn der Wert der Verbindlichkeiten eines Unternehmens deren Vermögen überschreitet.
Doch nicht nur die wichtigsten Banken waren bilanziell überschuldet, sondern mittlerweile sind dies auch die wichtigsten Ökonomien und Staaten als Ganzes. Wenn ein System derart überschuldet ist, ist ein Kollaps der Aktien- und Rohstoffpreise die logische Folge. Derartige deflationäre Bereinigungen lassen sich nicht durch Liquiditätszufuhr stoppen, sondern nur durch Ausrottung der Seuche genannt Überschuldung. Ein Crash ist die logische Antwort des Marktes auf Solvenzkrisen.
Wer bezahlt die Zeche?
Werden die Ursachen der Krise nicht bekämpft, so wird zwar, wie geschehen, eine künstliche Markterholung der Aktienmärkte eingeleitet, die später zu einer noch stärkeren Abwärtswelle führt, da die Zahlungsfähigkeit durch noch mehr Schuldenmachen nicht wirklich verbessert werden kann. Solvenz kann nur durch Reduzierung von Schulden wiederhergestellt werden und dies erfordert andere Ansätze als diejenigen, die die Federal Reserve heute bereit ist anzuwenden. Eine Nullzinspolitik reduziert nicht die Schulden, sondern lädt zu noch mehr Spekulation an den Finanzmärkten ein.
So lange das Eingehen von Risiken nicht mit höheren Zinsen bestraft wird, kann das System nicht gesundet werden. Im Gegenteil: Erkennen die Marktteilnehmer, dass der durch Gelddrucken erzeugte Aufschwung eine große Illusion, ein Phantom, ist, kann es zu einem erneuten Crash an den Finanzmärkten kommen. Wird dann von den Regierungen wieder eine erneute Gelddruckorgie gestartet und setzt man die Politik des billigen Geldes fort, dann kann mit Fug und Recht gesagt werden, dass Notenbanker und Politiker nicht nur nichts aus der Krise gelernt haben, sondern in geradezu krimineller Weise den Wert des Geldes aushöhlen und hierdurch die Bürger zunehmend enteignen.