"Zinswende" bei der Fed
Seite 2: Die Fahrt führt direkt in den Abgrund
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Die Finanzwirtschaft gleicht derzeit einem Wagen mit Luftkühlung, dessen Fahrer immer schneller fahren muss, um den Motor von außen abzukühlen. Da er ihn dadurch aber gleichzeitig immer weiter aufheizt, ist klar, dass der Motor am Ende wegen Überhitzung auseinander fliegen muss.
Sowohl die Politiker als auch die Spitzen der Finanzindustrie wissen, dass ein Ende mit Schrecken vorprogrammiert ist. Sieben Jahre Nullzinspolitik haben sie allerdings in einen Rauschzustand versetzt, der sie glauben lässt, ein völlig außer Kontrolle geratenes System zumindest mittelfristig beherrschen zu können - selbst in einer Zeit, in der alle Daten darauf hinweisen, dass die Weltwirtschaft in immer schwereres Fahrwasser gerät:
Chinas Schwäche, der fallende Ölpreis, Einbrüche an den Anleihemärkten, die Überhitzung der Aktien- und Immobilienmärkte, zahlreiche ums Überleben kämpfende Schwellenländer - all diese Faktoren zeigen, dass wir uns weltweit in einer Phase des Abschwungs befinden. Aber nicht nur das: Da die Summe der Kredite von Staaten, Unternehmen und privaten Haushalten weltweit inzwischen auf über 200 Billionen Dollar angeschwollen ist und ständig nach Zinszahlungen verlangt, schreit das System gleichzeitig nach unentwegtem Wachstum, da jede Stagnation und jede Rezession die Schuldenlast in Relation zum Einkommen weiter wachsen lässt.
Die Entscheidung der Federal Reserve, den Leitzins zu erhöhen und ausgerechnet jetzt auf die wirtschaftliche Bremse zu treten, wirkt angesichts dieser Entwicklung fast wie ein schlechter Scherz. Dass sie trotzdem getroffen wurde, hat vor allem zwei Gründe: Zum einen ist es der hilflose und zum Scheitern verurteilte Versuch, die systemgefährdende globale Kreditexplosion einzudämmen. Zum anderen sollen die Menschen in einer Zeit, in der ihnen die dramatischsten wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen aller Zeiten bevorstehen, in Sicherheit gewogen werden.
Kein Wunder also, dass fast alle Medien den Menschen einhellig suggerieren, mit der Zinserhöhung durch die Fed sei nun endlich "ein Schlussstrich unter die Krise von 2007/2008 gezogen worden".
Der Zeitpunkt war kein Zufall
Dass die Fed ihre Entscheidung so kurz vor Weihnachten bekannt gegeben hat, war kein Zufall: Zum Jahresende werden die Aktienkurse von den Führungsetagen der Konzerne und der Finanzinstitute - vor allem durch Aktienrückkäufe - in die Höhe getrieben, da die Boni der Manager vom Jahresendergebnis abhängen.
Zum anderen war die "Erhöhung" bei näherem Hinsehen auch nur halb so hoch wie sie in der Öffentlichkeit dargestellt wurden, denn der Zinssatz, zu dem die Fed den Banken in Zukunft Geld leiht, wird de facto nur um12 Basispunkte (0,12 %) steigen. Das wiederum ist für die großen Player am Markt durchaus verkraftbar und gibt ihnen sogar die Chance, sich einige kleinere Player, die von der Maßnahme härter getroffen werden, einzuverleiben.
Die Hauptlast der Zinserhöhung werden im übrigen die Schwellenländer tragen, von denen viele ohnehin wegen der Ölpreisentwicklung, des Rückgangs der Rohstoffpreise, der Abwertung ihrer Währungen und der weltweit nachlassenden Nachfrage bis zum Hals in Schwierigkeiten stecken.
Egal, wie die Aktienmärkte sich in den kommenden Tagen entwickeln - die Tatsache, dass sie auf Janet Yellens Ankündigung euphorisch reagiert haben, zeigt einmal mehr, dass das globale Finanzsystem mit der Realität der Weltwirtschaft nichts mehr zu tun hat, sondern bis in seine Grundfesten manipuliert ist und die Welt von einem "freien Markt" noch nie weiter entfernt war als heute.
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