235.794 Euro Steuergelder gegen TTIP-Kritiker
Bundesregierung schlüsselt auf Nachfrage Kosten für Zeitungsanzeigen des Wirtschaftsministers auf
Parallel zur Großdemonstration gegen das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA hatte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) in mehreren überregionalen Tageszeitungen Anzeigen gegen die Protestaktion schalten lassen – und damit selbst für Widerspruch gesorgt.
Die Kritik an dem Vorgehen dürfte sich nun noch verschärfen, nachdem die Bundesregierung auf Nachfrage aus der Linksfraktion die Zahlen für die Anzeigenkampagne bekannt gegeben hat. 235.794 Euro haben die großflächigen Annoncen in fünf Zeitungen demnach gekostet. Erschienen war der Text mit dem Porträt des SPD-Politikers unter anderem in der taz, der Süddeutschen Zeitung und dem Tagesspiegel.
Nun ist es nicht ungewöhnlich, dass die Bundesregierung oder Ministerien Anzeigen schalten. In der Regel geschieht dies aber im Rahmen von allgemeinen Aufklärungskampagnen etwa zur Sozialpolitik oder Gesundheitspolitik. Die Verwendung von Steuergeldern für – mehr oder weniger direkte – parteipolitische Anzeigen hatte schon in der Vergangenheit für Ärger gesorgt. Entsprechend fragwürdig ist der Eingriff des Wirtschaftsministers in den Prozess der Meinungsbildung mit der Anzeige am Tag der Großdemonstration. Denn die Gegenseite konnte nicht mit vollen Händen in den Steuertopf greifen.
Nach Erscheinen der Anzeigen hatte es auch Kritik an den inhaltlichen Aussagen von Gabriel gegeben. "Es ist absurd, Untergangsszenarien mit dem Scheitern eines Handelsabkommens an die Wand zu malen", schrieb Christopher Stark vom Blog Neoliberalyse.de bei Telepolis. Genau dies komme dem "Bangemachen" gleich, das der SPD-Minister den TTIP-Kritikern vorhalte, so Stark, der dahinter eine "ungemein dreiste und durchsichtige Strategie" sieht.
Der Linken-Abgeordnete Klaus Ernst, der die Zahl bei der Bundesregierung erfragt hatte, sah den Widerstand gegen das TTIP-Abkommen durch die Anzeige beflügelt. "Jeder Euro brachte einen Demonstranten!", sagte der ehemalige Gewerkschafter der Nachrichtenagentur dpa. Der mangelnde Dialog mit der Bevölkerung könne nicht durch Anzeigenwerbung kompensiert werden, so Ernst. Alles sei geheim, die Regierung verweigere sich der politischen Debatte, Steuergelder würden aus dem Fenster geworfen.