Amazonas: Kein Puffer mehr
Der größte Regenwald der Welt ist in den letzten Jahren dank Waldbränden und Trockenheit zur Quelle von Treibhausgasen geworden
Richtig schlechte Nachrichten aus dem Amazonasbecken. Der dortige Regenwald verliert seine Funktion als CO₂-Schwamm. Eine Mitte Juli im Fachmagazin Nature veröffentlichte Studie kommt zu dem Schluss, dass aufgrund der voranschreitenden Abholzung der Wald in seiner Gesamtheit inzwischen von einer wichtigen Senke zu einer Quelle des Treibhausgases geworden ist.
Ein internationales Team aus vor allem an verschiedenen Universitäten Brasiliens, aber auch in den USA, den Niederlanden und Großbritannien arbeitenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hat über mehrere Jahre hinweg die Kohlendioxid- und Kohlenmonoxid-Konzentrationen über verschiedenen Punkten Amazoniens gemessen und mit den Daten CO₂-Bilanzen aufgestellt.
Das Ergebnis: Neben den vor allem im Osten des Beckens weitverbreiteten – aber nicht nur dort auftretenden – Waldbränden macht dem Regenwald zusätzlich der Klimawandel zu schaffen. Die Trockenzeit fällt besonders im Osten oft drastischer aus und führt inzwischen zu erheblichen Stress für die Vegetation. Die Autorinnen und Autoren zitieren andere Arbeiten, die bereits auf vermehrtes Absterben von Bäumen hingewiesen haben.
Trocken- und Hitzestress bedeutet, dass die Bäume das Wachstum runterfahren und zeitweise einstellen. Sterben sie ab, verwesen sie, wodurch Kohlendioxid (CO₂, ein Molekül aus einem Kohlenstoff- und zwei Sauerstoffatomen) freigesetzt wird. Auch aus den Wäldern gemäßigter Breiten ist bekannt, dass sie in Dürrezeiten in erheblichen Umfang CO₂ abgeben, ihre Speicherfunktion also beeinträchtigt wird.
In den kühleren Klimata zum Beispiel in Europa kommt außerdem hinzu, dass auch in der Humusschicht des Waldbodens viel Kohlenstoff gespeichert ist. Bei Trockenheit wird auch dieser teilweise abgebaut und gelangt als CO₂ in die Atmosphäre. In den tropischen Regenwäldern gibt es hingegen keinen nennenswerten Humus. Aufgrund der höheren Temperaturen verwesen dort tote Pflanzen und Tiere sehr schnell und vollständig. Die Nährstoffe werden meist umgehend wieder von lebenden Organismen aufgenommen.
Bisher wird nur etwa die Hälfte des aus der Verbrennung fossiler Energieträger und der Zementproduktion stammende CO₂ langfristig in der Atmosphäre angereichert. Der Rest wird innerhalb einiger Monate von den Ozeanen (rund 25 Prozent) und der Biosphäre aufgenommen. Die Nachricht aus Brasilien bedeutet, dass die Menschheit künftig nicht mehr darauf zählen kann, dass der sorglose Umgang mit dem Klimasystem zumindest zum Teil von diesen abgepuffert wird.
Auch die Ozeane könnten übrigens in den nächsten Jahrzehnten beginnen zu streiken. Je mehr sie sich erwärmen, desto weniger CO₂ kann im Wasser gelöst werden. Außerdem: Das CO₂ wird im Wasser zur Kohlensäure umgebaut, was zur Versauerung der Ozeane führt. Schreitet diese voran werden Organismen mit Kalkskeletten geschädigt, die bisher den aus der Luft stammenden Kohlenstoff einbinden und absterbend im Sediment der Meere dem Kreislauf entziehen.