Anklage als Weihnachtsgeschenk für das spanische Königshaus
Gegen alle Widerstände klagt Richter Castro die Königsschwester Cristina nun wegen Steuerbetrug an
Als die Infantin Cristina den Steuerbetrug begangen haben soll, war sie noch Königstochter. Doch da im Frühjahr auch der Vater Juan Carlos nach etlichen Skandalen abdanken musste, ist Cristina nun die Schwester von König Felipe und muss als erstes Mitglied der Königsfamilie auf die Anklagebank. Als Königsschwester wird sie zwar jetzt nicht mehr wegen Geldwäsche angeklagt, aber doch immer noch wegen Steuerhinterziehung. Und das ist in Spanien nicht ganz einfach, denn dafür müssen in einem Jahr mindestens 120.000 Euro an Steuern hinterzogen werden. Bis zu diesem Betrag handelt es sich lediglich um eine Ordnungswidrigkeit.
Die ehemalige Seglerin und Unesco-Mitarbeiterin zieht die ohnehin immer stärker hinterfragte Monarchie erneut tief in die Krise. Die wurde vom Diktator Franco restauriert, der vor seinem Tod 1975 Juan Carlos zum Nachfolger als Staats- und Militärchef ernannt hatte. Gegen alle Widerstände und Druck aus der Regierung, die gerne am Stuhl von Richtern sägt, die gegen Korruption ermitteln, hat der mutige Ermittlungsrichter José Castro auf der Ferieninsel Mallorca an einer Anklage festgehalten.
Nun droht der Infantin eine Haftstrafe von acht Jahren. Sie muss demnächst mit ihrem Ehemann und 15 weiteren Angeklagten auf die Anklagebank. Sie soll Iñaki Urdangarin als "notwendige Helferin" beim Steuerbetrug gedient haben. Castro musste sich dabei sogar gegen das Ministerium für Staatsanwaltschaft durchsetzen. Staatsanwalt Pedro Horrach hat sich immer wieder schützend vor Cristina gestellt, statt seiner Aufgabe als Ankläger nachzukommen. Er verhinderte einst, dass sie vorgeladen werden konnte. In einem bisher nie dagewesenen Akt hatte er sich schon in einem Schreiben gegen ihre Anklage ausgesprochen, noch bevor Richter Castro sie überhaupt formuliert hatte. Zuletzt verstieg er sich sogar in der Behauptung, die Königsschwester sei "verteidigungslos".
Derlei Vorwürfe verwarf Castro und verwies darauf, dass alle Angeklagten nach dieser Logik verteidigungslos wären. Horrach setzte auf eine Doktrin, die einst für den Großbanker Emilio Botin geschaffen wurde, um eine Anklage von Cristina zu verhindern. Damals reichte dem Obersten Gerichtshof die Anzeige einer Konsumentenorganisation alleine nicht zur Anklageerhebung, weil sie von der Staatsanwaltschaft nicht unterstützt wurde. Doch wurde diese Doktrin kurz darauf wieder vom gleichen Gerichtshof im Fall von baskischen Politikern gebrochen. Sie wurden trotz einer fehlenden Unterstützung der Staatsanwaltschaft 2008 angeklagt.
Ohnehin kommt Cristina gut allein mit einer Anklage wegen Steuerhinterziehung weg. Schließlich waren sie und ihr Ehemann zu gleichen Anteilen an der Firma Aizoon beteiligt, deren Sitz sich in ihrem Palast Pedralbes in Barcelona befand. An Aizoon sollen Gelder geflossen sein, die über die angeblich gemeinnützige Stiftung Nóos veruntreut wurden. Mehr als sechs Millionen Euro an Steuergeldern aus Valencia und den Balearen sollen mit aufgeblähten Verträgen und nie geleisteten Tätigkeiten veruntreut worden sein. Wie ihr Ehemann war Cristina sogar Führungsmitglied der Stiftung. Doch sie will von all den Vorgängen nichts gewusst haben.
Sie hat aber eifrig Privatausgaben als angebliche Firmenausgaben für Aizoon verbucht, darunter auch eine Safari in Südafrika, einen Hotelaufenthalt der gesamten Familie in Mozambique, die Anmietung von fast einem Dutzend Zimmer im Hotel "Santa Chiara" in Rom, ja sogar alle Harry-Potter-Bücher für ihre Kinder, Abonnements für Zeitschriften, Gourmet-Essen, Kinderkleidung, etc. wurden als Firmenkosten verbucht, um Steuern zu sparen. Sie muss nach der Entscheidung des Richters eine Sicherheit von 2,7 Millionen Euro hinterlegen. Da ihr Ehemann sogar 15 Millionen angesichts einer möglichen Verurteilung hinterlegen muss, kommt es sogar dick für die Familie, die sich bisher noch einen ausgesprochen teuren Lebensstil im Schweizer Genf leistet.
Für Urdangarin fordert auch der Staatsanwalt Horrach eine Haftstrafe von 19 Jahren. Dem ehemaligen Handballprofi werden neun Straftaten zur Last gelegt, darunter Veruntreuung, Amtsmissbrauch, Betrug, Dokumentenfälschung, Geldwäsche und Steuerhinterziehung. Das gleiche gilt für dessen Geschäftspartner und auch für die Ehefrau von Diego Torres. Denn bei Ana María Tejeiro war der Staatsanwalt nicht so nachsichtig. Sie wird von ihm ebenfalls für alle Vergehen wie Urdangarin und Torres beschuldigt.
Auf die Anklagebank müssen auch etliche Führungsmitglieder der regierenden spanischen Volkspartei (PP) aus Valencia und den Balearen. Dabei ist auch wieder der ehemalige spanische Umweltminister Jaume Matas. Der ehemalige Präsident der Balearenregierung wurde schon in einem der vielen Verfahren rechtskräftig verurteilt. Er muss diese Weihnachten gesiebte Luft atmen und das könnte ihm eine lange Zeit blühen, denn er wird in fast einem Dutzend Korruptionsverfahren angeklagt.