Atomstromland Frankreich braucht deutschen Strom
Erneut muss das Atomstromland Frankreich im Winter Strom sparen, damit das Netz nicht zusammenbricht
Da wurden Blackouts für Deutschland in diesem Winter vorhergesagt, weil acht Atomkraftwerke abgeschaltet wurden. Doch genau das droht nun in Frankreich, wo die unsicheren Meiler weiter am Netz sind. In einigen Regionen haben die Stromanbieter und Netzbetreiber bereits die höchste Warnstufe ausgerufen und fordern die Bevölkerung auf, möglichst viel Strom zu sparen. Polizisten gehen in diesen Regionen durch die Straßen und bitten Ladenbesitzer, die Beleuchtung der Schaufenster abzuschalten. Auf die typische Beleuchtung von Kirchen und Rathäusern wird derzeit oft verzichtet.
Sogar die französische Umweltministerin Nathalie Kosciusko Morizet hat im Radio die Bevölkerung dazu aufgerufen, Strom zu sparen. Doch nicht die Umwelt will die Konservative schützen. Sie will einen großen peinlichen Stromausfall verhindern, um zu verdecken, dass die Energiepolitik in einem Land, das theoretisch bis zu 80% des Stroms über Atommeiler produzieren kann, in die Sackgasse geführt hat.
Da man in Frankreich gern auf den Atomstrom setzt, heizen viele Menschen auch mit Strom. Wärmedämmung und Doppelglasfenster sind im Süden nicht sonderlich verbreitet. Wie schon 2009 kommt es auch regelmäßig in bestimmten Regionen zu Stromausfällen. Damals musste sogar, was den stolzen Franzosen besonders peinlich war, wegen einer Kältewelle sogar die Beleuchtung des Eifelturms abgeschaltet werden. In diesen Tagen nun verbrät das Land, in dem etwa 15 Millionen weniger Menschen als in Deutschland leben, etwa doppelt so viel Strom wie die deutschen Nachbarn. Am späten Dienstag lag der Rekord schon bei mehr als 100 500 Megawatt. Die Kraftwerkskapazitäten sind ausgeschöpft und bisweilen laufen schon Notstromaggregate in Krankenhäusern und Flughäfen, um das Netz zu entlasten.
Die Franzosen hatten schon befürchtet, dass die Stromsucht der Deutschen nach den AKW-Abschaltungen zu Problemen in ihrem Land führen könnte. Doch nun müssen die Franzosen in Deutschland Strom zukaufen. Dem Atomfreund Eric Besson war es ins Gesicht geschrieben, wie genervt er war, als er kleinlaut einräumen musste, dass Frankreich vom Ausstiegsland ein Viertel des importierten Stroms bezieht. Erleichtert war er, als er sagen konnte, dass man derzeit noch mehr Strom aus Großbritannien bezieht.
In Deutschland haben auch an den windarmen Tagen ausgerechnet die viel gescholtenen Solaranlagen die Netze stabilisiert. Während der Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) wieder einmal voll ins Fettnäpfchen tritt und gegen die Solaranlagen wettert, stellte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) fest, dass alle Vorhersagen von schweren Stromausfällen nicht eintreten, weil es Alternativen gibt: "Gerade die jetzigen Tage mit klirrender Kälte zeigen, dass die erneuerbaren Energien ihren Beitrag zur Versorgungssicherheit und Netzstabilität leisten", sagte Röttgen den Nürnberger Nachrichten.
So wird die Abschaltung von acht Atommeilern ohne Probleme ausgeglichen. Nach Angaben des Ministers sei bei dem sonnigen Wetter in den letzten Tagen eine Kapazität von bis zu 10.000 Megawatt an Sonnenstrom, eine Leistung von etwa zehn Kernkraftwerken, eingespeist worden. Dazu kommt aber noch der Windstrom und darüber seien weitere 11.000 Megawatt erzeugt worden. Es bestätigen sich nun die Prognosen, dass die Abschaltung der acht Atomkraftwerke die Energieversorgung nicht in Frage stellt. Bei einem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien könnten schnell auch die restlichen Meiler abgeschaltet werden, ohne wie in Japan verstärkt auf Öl oder Kohle zurückgreifen zu müssen.