Atomwaffen in Einsatzbereitschaft können halt schon mal ...
Weitere Aktenfreigaben zu den militärischen Nuklearunfällen in Palomares und Thule
Zwischen 1960 und 1968 hielt die US Air Force permanent ein Atombombengeschwader in der Luft, um mit geringstmöglicher Verzögerung einen Atomschlag gegen die Staaten des Warschauer Pakts durchführen zu können ( Operation Chrome Dome). Bei diesen Missionen sowie beim Frachtflug kam es zu mindestens 32 Verlusten von Atombomben ("Broken Arrows"). Aufsehen erregte kürzlich die Freigabe über einen Zwischenfall mit zwei Wasserstoffbomben, die 1961 über North Carolina aus einem auseinanderbrechenden Flugzeug fielen. Eine davon war nach Versagen von fünf redundanten Sicherheitssystemen schließlich nur noch durch einen Billigschalter vor der Auslösung gesichert gewesen. Daraufhin wurden strenge Sicherheitsbestimmungen eingeführt, die künftig unbeabsichtigte Detonationen verhindern sollten.
Nunmehr veröffentlichte die George Washington University weitere Akten, die zwei bekannte Vorfälle betreffen. So endete 1966 über dem südspanischen Ort Palomares eine Luftbetankung in einer Kollision, bei der vier Wasserstoffbomben abstürzten. Drei konnten an Land, eine nach Monaten unter Wasser geborgen werden. Bereits in der Vergangenheit waren Akten veröffentlicht worden, allerdings teilgeschwärzt. So hielt man insbesondere in der Region gemessene Strahlenwerte geheim, die nunmehr freigegeben wurden. Die USA trugen damals umfangreich verseuchtes Erdreich ab. WikiLeaks hatte 2009 Bedenken gegen die Veröffentlichung einer entsprechenden Studie geleakt. So befürchtete der spanische Außenminister gegenüber seiner US-Kollegin Hillary Clinton, eine Bekanntgabe vom Ausmaß der Verseuchung wirke sich negativ auf die öffentliche Meinung über die USA aus. Ebenfalls bislang geschwärzt waren Passagen, in denen sich Spanien weitere Überflüge mit nuklear bestückten Bombern verbat.
Ein gleichfalls gravierender Unfall ereignete sich 1968 in Grönland bei Thule, bei dem vier Bomben ins Eismeer stürzten. Eine 2008 in der Presse verbreitete Story über eine heimlich vermisste Bombe wird von der Aktenlage allerdings nicht gestützt. Auch in Grönland war es zu einer massiven Verseuchung gekommen, deren Strahlenwerte bislang geschwärzt blieben. Auch das daraufhin seitens der dänischen Regierung ausgesprochene Überflugverbot mit Kernwaffen hielten die USA geheim. Die verärgerten Dänen hatten es allerdings nicht für erforderlich gehalten, ihre Öffentlichkeitsarbeit mit der Supermacht abzustimmen.
Der Thule-Zwischenfall gab den Ausschlag zum Ende der Operation Chrome Dome. Ein permanentes Luftgeschwader war ohnehin inzwischen durch land- und U-Boot-gestützte strategische Atomraketen technisch überholt. In einem Bericht von 1985 schloss das Militär, dass Waffen in Einsatzbereitschaft nun einmal Gegenstand von Unfällen und Zwischenfällen seien. Das sei nun einmal so. Auch diesen Kommentar hatte man bislang geschwärzt.