Autokrise: Die immer gleichen Fehler?

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Es war zu erwarten: Die Autoindustrie ruft nach Jahren der fleißig ausgeschütteten Gewinne und üppigen Manager-Boni mal wieder nach dem Staat - Ein Kommentar

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VW will Ende April seine Produktion wieder hochfahren, wie unter anderem der NDR berichtet. Mit Mundschutz und in Emden zunächst nur mit einer Schicht pro Tag und vermindertem Fließbandtempo. Also zunächst nur eine Schmalspurproduktion.

Aber wird es überhaupt genug Käufer geben? Auch wenn nun neben den Buchläden auch die Kfz-Händler wieder öffnen werden? Haben die Menschen nicht andere Sorgen? Ist in der Krise und bei all den Lohn- und Gehaltseinbußen der Minderheit, die sich in diesen Tagen überhaupt einen Neuwagen leisten könnte, nicht die Kauflust gründlich vergangen?

Da muss natürlich mal wieder die Regierung ran. Kennen wir schon. Abwrackprämie hieß schon 2009 das Zauberwort. Als Antwort auf die Finanzkrise wurde mit ihr die Produktion wieder angekurbelt und manchem ohnehin nicht Darbendem günstig zu einem Neuwagen verholfen.

Die Kehrseite der Medaille war vollkommen unsinnig erhöhter Rohstoff- und Energieverbrauch, weil viele voll funktionstüchtige Altwagen lange vor dem Ablauf ihrer technisch sinnvollen Lebenszeit in der Schrottpresse landeten. Auf alle Auflagen in Bezug auf Größe und Verbrauch wurde verzichtet, da die hiesige Branche es ja noch nie so wirklich mit sparsamen Modellen hatte.

Und haben wir etwas aus all dem gelernt? Ja: Die Abwrackprämie heißt jetzt Öko-Abwrackprämie. Eine solche forderte zu Beginn der Woche Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Die Autobranche habe eine Schlüsselstellung bei der Ankurbelung der Wirtschaft und mit der Abwrackprämie seien seinerzeit gute Erfahrungen gemacht worden.

Weil spricht sozusagen als VW-Eigner und -Aufsichtsratmitglied, denn sein Bundesland hält noch immer 20 Prozent der Anteile an dem Autokonzern. Dem Sozialdemokraten schwebt vor, mit der Neuauflage der Abwrackprämie "umweltfreundliche Antriebe" zu fördern und deren Einführung zu beschleunigen. Was er damit genau meint, blieb offen.

In der weiteren Diskussion muss also genau hingeschaut werden, was im einzelnen gefördert werden soll. Der Nutzen für die Umwelt ist insbesondere bei sogenannten Biokraftstoffen wegen Landverbrauch und schlechter Energiebilanz höchst zweifelhaft, und auch Hybride, die Elektro- und Verbrennungsmotoren kombinieren, erweisen sich oft als Klimaschutz-Luftnummer, weil die Besitzer die Elektromotoren kaum nutzen.

Letztlich fragt sich aber selbst beim reinen Elektromotor, ob Ressourcenverbrauch, verstopfte Städte, die dortige Lärmbelastung, die Verkehrstoten, die geringe Auslastung und der Flächenfraß für Stellplätze die Förderung rechtfertigen würden.

Vor allem ist es aber Zeit, ein wenig grundsätzlicher über die Zukunft der Autoindustrie nachzudenken, die offensichtlich in einer regelrechten Sinnkrise steckt, für die der massive Dieselbetrug eher Ausdruck als Auslöser ist. In den Absatzzahlen spiegelte sich das bereits viele Monate vor dem ersten bekannten Auftreten des Virus im chinesischen Wuhan wieder.

Bange Fragen nach einer Weltautokrise gingen schon letzten Sommer um, und das Manager Magazin sah bereits im Januar 2019, also über ein Jahr bevor die Coronakrise Europa erreichte, dunkle Wolken über der deutschen Autobranche aufziehen.

Der globale Absatz von Neuwagen ging 2019 um 3,9 Millionen Stück oder fünf Prozent zurück. In China, dem weltweit größten Markt für Straßenfahrzeuge, war 2019 der Verkauf von Pkw mit Verbrennungsmotor gegenüber dem Vorjahr sogar um acht Prozent geschrumpft, wie Cleantechnika im Januar 2020 schrieb.