Bei Panik einmal drücken

Tinder bietet jetzt neu einen Panikbutton bei schieflaufenden Dates an. Das ist schon mal ein guter Ansatz

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Uber hat es ja vorgemacht, und seit vergangener Woche bietet Tinder frei über das Safety Center herunterladbar einen Panikbutton in der App an. Damit ist eine Funktion gemeint, die dann sehr sinnvoll sein kann, wenn man sich freudig auf ein Date via Tinder einlässt und dann feststellen muss, dass der eventuelle Partner eigentlich kontextkorrekt eine Motorsäge mit zum Waldspaziergang gebracht hat, aber irgendwie dabei beunruhigend über das Zerteilen von Rotwildfleisch daherfaselt. In einem solchen Fall lässt sich (zumindest in den USA, wo das Feature zuerst ausgerollt wird) die Polizei alarmieren. Wenn man das geschickt macht, dann sieht es nach einem freundlichen, hinhaltenden Nicken aus, während man unauffällig den Knopf in der Tasche drückt.

Scheinbar gab es einen wirklich Bedarf an einer solchen Funktion. Ich kenne das Leben als Tinderkunde nicht, weder auf der Motorsägen-, noch auf der anderen Seite, aber gegen so einen Button ist hoffentlich wenig einzuwenden. Er vermittelt höchstens ein trügerisches Maß an Sicherheit. Frei nach dem Motto: "Der Kerl/die Frau auf dem Foto sieht irgendwie schräg aus und hat auch sehr komische Antworten auf meine Messages parat, ich finde die Einladung in ein rumänisches Landschloss mitten im Wolfsreservat eigentlich auch schräg, aber hey: ich habe ja einen Notfallbutton, was soll schon passieren."

Und auf der anderen Seite kann ich nur einfach hoffen, dass die eher grenzunterschreitende Anwendung des Notfallschalters nicht dann unterläuft, wenn man freudig in einem Rerstaurant auf sein Date wartet und dann nicht Brad Pitt, sondern Olaf Schubert zurTüre hereinkommt. Ich habe mir sagen lassen, dass ästhetische Totalausfälle nicht durch Polizeieinsätze abgedeckt werden sollten. Da bleibt es nach wie vor bei einem genuschelten "SchuldigungdieBörsebrichtgeradeein" und einem vorzeitigen Aufbruch. Sondereinsatztruppen wären hier zu meiden.

Schließt man die beiden Extreme jetzt aus, dann kann dieser Button eben sehr sinnvoll und lebensrettend sein, keine Frage. Übrigens wäre dieses Grundprinzip aber in anderen Apps ebenfalls nicht schlecht. Und dabei meine ich nicht einen Panikbutton, sollte in Netflix gerade wieder der vollkommen falsche Film anstreamen. Im sozialen Umfeld wäre vermutlich ein "Hilfe Mama kommt ins Zimmer"-Button auf YouPorn praktisch. Oder ein "LöschdasausmeinemLeben"-Button für schief gegangene Filmchen in TikTok. Oder ein Totalabschaltungsbutton, sobald wieder dieser amerikanische Präsident twittert.

Klar, wir wollen jetzt mal den wirklich sinnvollen Einsatz bei Tinder nicht wegtun. Wenn man schon eine Person vor einem ersten Treffen nicht wirklich zu Gesicht bekommen und einschätzen kann, dann ist so etwas vielleicht die letzte Chance. Zusammen mit der Grundeinstellung, sich vielleicht bei einem ersten Kennenlernen zuerst einmal im öffentlichen Raum und nicht auf einer einsamen Insel aufzuhalten. Aber die Regel kennt ja jeder.