Börse: Nirgendwo ist Strom so billig wie in Deutschland
Tennet-Marktanalyse bestätigt, dass der Börsenstrompreis weiter auf Talfahrt ist
Der dänische Politologe und Star der Gemeinde der Wissenschaftsfeinde Bjørn Lomborg hat kürzlich, wie berichtet, in der FAZ dem deutschen Publikum erklärt, dass Deutschlands Klimapolitik gescheitert und erneuerbare Energieträger ohnehin viel zu teuer seien. Dabei stellte er auch folgende bemerkenswerte Behauptung in den Raum:
"Makroökonomische Modelle weisen zudem darauf hin, dass der wirtschaftliche Verlust durch Erneuerbare wesentlich größer sein könnte als einfach nur deren Mehrkosten, da erhöhte Produktionskosten alle anderen Branchen schwächen und das Wachstum drosseln."
Bjørn Lomborg
Da wundert es einen schon, dass Deutschland immer noch von einem Exportrekord zum anderen eilt und seit Jahrzehnten einen meist erheblichen Handelsbilanzüberschuss hat. Aber auf jeden Fall deckt sich Lomborgs Behauptung ganz gut mit dem Gejammer der hiesigen Industrie, mit dem diese immer neue Abgabenbefreiungen und andere Vergünstigungen auf Kosten der kleineren Stromabnehmer durchsetzen kann.
Mit der Realität hat das indes alles ganz wenig zu tun, wie eine jüngst vom Übertragungsnetzbetreiber Tennet vorgestellte Marktanalyse zeigt. Demnach hat sich 2014 in Deutschland der durchschnittliche Strompreis an der Leipziger Börse um weitere 12 Prozent verringert. Mit 33 Euro pro Megawattstunde (3,3 Cent pro Kilowattstunde) sei der Großhandelspreis für Strom nirgendwo sonst in Europa so billig gewesen.
Das färbt natürlich längst auch auf die langfristigen Lieferverträge ab, mit denen sich Großabnehmer eindecken. Grundlast-Futures werden derzeit an der Leipziger Börse für knapp 3,2 Cent pro Kilowattstunde gehandelt. Mit Off-Peak-Kontrakten gibt es ihn sogar schon für 2,7 Cent pro Kilowattstunde.
Sieht also eher so aus, dass die hiesigen industriellen Großabnehmer ausgesprochen gute Konditionen haben. Zumal sie ja auch weitgehend von den Abgaben befreit sind, die Normalsterbliche mit ihre Stromrechnung bezahlen. Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft hatte letztes Jahr ausgerechnet, dass deutsche Konzerne nicht mehr für Strom zahlen als ihre US-amerikanische Konkurrenz.