Bommeleeër-Affäre: "Seltsame Strategien von US-Seite, um einen Linksrutsch zu verhindern"
SREL-Ex-Operationschef Frank Schneider befeuert die CIA-Spur
Geheimdienste befassen sich normalerweise eher damit, die Gegenwart und Zukunft aufzuklären. In Luxemburg allerdings gelang es dem "Spëtzeldéngscht“ SREL nicht einmal herauszufinden, wer Mitte der 1980er Jahre für die rätselhafte Bombenserie verantwortlich war, die offensichtlich mit Insiderwissen ausgeführt wurde. Nachdem es zwischenzeitlich so aussah, als hätten unzfriedene Gendarmen durch inszenierte Anschläge eine Verbesserung ihrer Ausstattung herbeiführen wollen, zeichnet sich nun wieder ein geopolitischer Hintergrund ab.
Im "Luxemburger Jahrhundertprozess“ hatte kürzlich bereits der ehemalige Geheimdienstchef des Großherzogtums, Marco Mille, seine Theorie geäußert, dass die geheimnisvollen Bombenleger professionell organisiert seien und vermutlich eine vom Stay-Behind-Netzwerk unabhängige Struktur seien. Tatsächlich scheinen die Luxemburger Stay-Behind-Kräfte des "Le Plan“, von denen einige vor Gericht aussagten, statt paramilitärischer Aufträge nur logistische Funktionen wie Funken und Schleusen gehabt zu haben, waren nicht einmal passiv bewaffnet. Mille sieht den vormaligen Kriegsheld und damals ausgeschiedenen Armeeminister Émile Krieps als möglichen Drahtzieher, der durch scheinbar linke Attentate ein politisches Klima zugunsten des Sicherheitsapparats habe herbeiführen wollen.
Diese Woche nun musste Milles schillernder Ex-Operationschef mit dem Allerweltsnamen Frank Schneider vor Gericht erscheinen, was das Luxemburger Wort und Tageblatt wie stets protokollierten. Schneider hatte im SREL 2000 als Analyst für organisiertes Verbrechen und Terrorabwehr begonnen und zwischen 2004 und 2008 sämtliche Operationen der Luxemburger Geheimagenten geleitet. Schneider war es stets merkwürdig vorgekommen, dass der SREL sich zur Untersuchung der Attentate für unzuständig gehalten und dies als innere Angelegenheit betrachtet habe, obwohl ein Auslandsbezug nicht habe ausgeschlossen werden können. Die Vorsitzende Richterin selbst kommentierte: "So ist es, außer, man wüsste, dass die Attentäter aus Luxemburg kommen, weil man sie identifiziert hatte" – Schneider stimmte zu. Der Staatsanwalt allerdings verwies auf die Untersuchung einiger Anschläge durch den SREL.
Schneider wunderte sich auch über das Desinteresse der ausländischen Geheimdienste (immerhin gab es einen Anschlag auf den EU-Gipfel). Er schließe es nicht aus, dass es zur Zeit der Anschläge "seltsame Strategien" von US-Seite gegeben haben könne, um einen Linksrutsch zu verhindern. Schneider verglich Reagans Abkehr von der Entspannungspolitik, der die "Strategy of Confinement" durch seine "Strategy of Victory" ersetzt habe, mit dem Umschwung nach dem 11. September. In Luxemburg habe es auch einen Linksrutsch gegeben, den die USA als "extrem beunruhigend" empfunden hätten, etwa im Hinblick auf die Friedensbewegung. Der Ex-Geheimdienstler beurteilte es als unwahrscheinlich, dass es keinen offensiven Teil des Stay Behind Netzwerks gegegeben habe. Diese Einschätzung habe er auch Jean-Claude Juncker mitgeteilt.
Schneider räumte Gespräche mit den USA ein, deren Inhalt "im Rahmen der Affäre nicht uninteressant gewesen wäre", zitiert das Luxemburger Wort. Er weigerte sich jedoch, diese Information „auf ganz hohem Niveau“ an jemand anderes als den Staatsanwalt im Vier-Augen-Gespräch weiter zu geben. Staatsanwalt Oswald allerdings hatte die Glaubwürdigkeit Schneiders wegen Widersprüchlichkeiten in Zweifel gezogen. Schneider könnte von seiner Schweigepflicht durch den Verfassungsgerichtshof entbunden werden. Die Vorsitzende Richterin entschied jedoch, der Geheimagent solle seine Aussage in einem verschlossenen Umschlag einreichen.
Einen ungewöhnliche Ansatz zur Aufklärung bot nun ein damals geschädigtes Unternehmen. Man werde auf Schadensersatzforderungen verzichten, wenn sich die Attentäter bis zum 1. Juli stellen. Der ebenfalls geschädigte Staat schloss derartiges allerdings aus.