Bye-bye 2-Grad-Ziel
Der für die Treffen auf Klimakonferenzen ersonnene Kampfbegriff hat sich noch schneller abgenutzt als "Waldsterben oder "Ozonloch"
Wenn man die Wirkung der drei Begriffe und der dahinterliegenden Umweltschutzbestrebungen betrachtet, dann bewirkte die Diskussion um das "Waldsterben" die Einführung eines durchgreifenden, vorsorgenden Umweltschutzes in Form von Filtertechnik und Effizienz, vor allem in der Kraftwerks- und Fahrzeugtechnik. Das Ozonloch erweiterte diesen Wandel noch und führte mit dem weltweiten Verbot von FCKW im Montrealer Protokoll von 1987 zu einem Höhepunkt der Umweltschutzbewegung. Zu der Zeit existierte der Begriff 2-Grad-Ziel zwar schon als akademisches Konzept, wurde aber erst Ende der 90er als mögliche Zielmarke in die Politik eingeführt.
2009 auf der Klimakonferenz in Kopenhagen war dann der Höhe- und Wendepunkt schon wieder erreicht. Anscheinend war die 2-Grad-Ziel Metapher dann doch einfach zu abstrakt. Und sie hat sich auch als unerreichbar erwiesen. Denn da die Klimaerwärmung seit Beginn der Industrialisierung schon um etwa 0,8 °C gestiegen ist, verbleiben nur noch 1,2 °C, um das Zwei-Grad-Ziel nicht zu überschreiten. Um das zu erreichen, müssten die Treibhausgas-Emissionen in den Industrieländern gegenüber 1990 um 80-95 % sinken. Doch wer will das schon?
Erstens hat sich längst gezeigt, dass die schnellen Emissionsminderungserfolge der 90er Jahre fast ausschließlich auf der Modernisierung der Ost-Industrie basierten, andererseits will niemand auf liebgewordenen Konsum verzichten weder im Privatleben noch der Politik, der ohnehin ein gesellschaftlicher Konsens und Konzepte jenseits von "Wirtschaftswachstum" fehlen. Diese Desillusionierung führt dazu, dass der ehemalige Schlachtruf 2-Grad-Ziel längst auf dem Weg zum Tabuthema und in die Versenkung ist.
Zu dieser Frage hat das Institut für Politische Kommunikation an der Zeppelin Universität im Auftrag des Umweltbundesamts die Medieninhalte von sechs Tageszeitungen (die tageszeitung, Die Welt, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Handelsblatt, Süddeutsche Zeitung, Bild) und vier Wochenmagazinen (Die Zeit, Focus, Der Spiegel, Stern) untersucht . Dabei zeigte sich, dass die Häufigkeit der Berichterstattung nach einem Hoch zum Klimagipfel in Kopenhagen (im Dezember 2009) bis heute erst langsam, dann stetig abnimmt. Spiegelbildlich zeige sich in den Berichten auch der kurze Aufstieg des Begriffs Energiewende. Diskutiert werde in den Medien nun zunehmend, warum eine Energietransformation notwendig sei.
Allerdings ist dieser Begriff so bigott von den Parteien missbraucht worden, dass er sogar noch schneller diskreditiert wurde. Eine Forsa Umfrage vom Juli ergab, dass nur noch 25 Prozent der Befragten glauben, dass die Regierung die Energiewende erfolgreich umsetzen kann. Im Dezember 2013 waren es immerhin noch 39 Prozent. Extrapoliert man diesen Bedeutungsverlust heißt das, dass dieser Begriff dann in etwa eineinhalb Jahren vollends verbrannt sein wird. Was könnte dann als nächster Slogan kommen?