China: Der Crash blieb mal wieder aus
Im Land der Mitte wächst die Wirtschaft allen Unkenrufen zum Trotz weiter
Kaum ein Jahr ist seit der großen Asien-Krise 1997/98 vergangen, in dem Chinas Wirtschaft nicht der große Crash vorhergesagt worden wäre. Im vergangenen Jahr war dieser Sport besonders beliebt. Doch wieder einmal lagen die Krisen-Propheten deutlich daneben. Wie zuvor schon einige seiner ost- und südostasiatischen Nachbarn vollbringt China das Kunststück eines lange anhaltenden Booms, der, sollte er noch ein paar Jahre so weiter gehen, das Land aus dem Status eines Entwicklungslandes herausheben wird.
Derzeit sieht es ganz danach aus, als könnte dies gelingen. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet unter Berufung auf die chinesische Wirtschaftszeitung Caixin von einer deutlichen Zunahme der Aktivitäten im verarbeitenden Gewerbe. Der von der Zeitung erhobene Verkaufsmanagerindex liege seit sechs Monaten in Folge in einem Bereich, der Expansion signalisiere. Auch der Auftragseingang habe zugenommen. 2016 sei die Wirtschaft vermutlich im geplanten Bereich zwischen 6,5 und 7 Prozent gewachsen.
Und profitabel scheint es auch zu sein: Die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtet von einem Anstieg der Gewinne der großen Industriebetriebe. Im Oktober hätten diese 9,8 Prozent über dem Vorjahresniveau gelegen und im November bereits 14,5 Prozent, so die Agentur unter Berufung auf das Nationale Büro für Statistik in Beijing (Peking).
Die stärkere Konjunktur im verarbeitenden Gewerbe – in den Vorjahren war das chinesische Wirtschaftswachstum vor allem vom rasch expandierenden Dienstleistungssektor getragen worden – wird überwiegend vom Binnenmarkt befeuert. Reger Wohnungsbau und staatliche Ausgaben für Infrastrukturprojekte trugen maßgeblich zur gesteigerten Nachfrage bei.
3500 urbane Bauprojekte für 3,5 Milliarden Menschen
Der Wohnungsbau läuft derzeit so gut, dass die Regierung mal wieder eingreifen muss, um etwas Luft aus der Immobilienblase zu lassen. Langfristig muss eine Abkühlung auf jeden Fall her. Die Nachrichtenagentur Bloomberg schreibt, dass es bei den lokalen Behörden im Land insgesamt Pläne für 3500 neue städtische Wohnungsbauprojekte gibt, die zusammen 3,5 Milliarden Menschen beherbergen könnten. Sollte da nicht bald die Schere angesetzt werden, entstünden gewaltige Überkapazitäten.
Inzwischen lebt über die Hälfte der chinesischen Bevölkerung in den Städten. Der Urbanisierungsgrad hat 56 Prozent erreicht, und der Drang in die Städte scheint sich abzuschwächen. 2015 sei die Zahl der Inlandsmigranten zum ersten Mal in drei Jahrzehnten zurück gegangen, heißt es bei Bloomberg. Unter anderem aufgrund gestiegener Löhne im ländlichen Raum seien junge Arbeiter nicht mehr so sehr daran interessiert, in die großen Industriezentren zu ziehen. Oft würden sie sich eher einen Arbeitsplatz in der nächstgelegenen Stadt suchen.