China: Harsches Vorgehen gegen Arbeiterproteste in Shenzhen
Hightech-Unternehmen mag keine unabhängigen Gewerkschaften, und die Polizei räumt gewaltsam Proteste ab. Trotzdem viel Unterstützung für entlassene Arbeiter
Aus Hongkong berichten Aktivisten, dass in dessen Nachbarstadt Shenzhen am frühen Freitagmorgen (Ortszeit) Spezialeinheiten der Polizei ein Haus überfallen haben, in dem sich Gewerkschafter und studentische Unterstützer aufhielten. Alle über 50 Anwesenden seien festgenommen worden und bekamen nicht einmal die Gelegenheit, Freunde oder Verwandte zu informieren. Labournet.de hat den Bericht übersetzt, der Telepolis im englischsprachigen Original vorliegt.
Die Verhaftungen stehen offenbar im Zusammenhang mit einer Auseinandersetzung bei Jasic, einem in Shenzhen ansässigen jungen High-Tech-Hersteller von Schweißtechnik. Im Juli wurden dort Arbeiter entlassen, weil sie versucht hatten, eine Gewerkschaft aufzubauen. Gleichzeitig hatte dort auch die offizielle Allchinesische Gewerkschaftsföderation eine Filiale aufbauen wollen. Die Arbeiter bezeichnen diese allerdings als gelbe Gewerkschaft, weil ihre Strukturen in der Regel mit den Betriebsleitungen kooperieren, oft genug sogar von diesen (und von der KP) kontrolliert werden.
Sieben Arbeiter sind konkret von den Entlassungen betroffen. Seit Mitte Juli sind Proteste gegen die Rauswürfe wiederholt von der Polizei gewaltsam auseinandergetrieben und Demonstranten zunächst vorübergehend festgenommen worden, berichtet Labournet.tv. Dennoch sei in Shenzhen eine Solidaritätsbewegung für die Arbeiter entstanden. Tausende Studenten hätten einen Protestbrief unterschrieben.
Am 27. Juli seien 29 Arbeiter und Angehörige bei Protesten festgenommen worden und befänden sich seitdem in Haft. Außerdem sei am 11. August Shen Mengyu, eine führende Aktivistin, die bereits aus anderen Arbeitskämnpfen bei einem Honda-Zulieferer bekannt ist, quasi entführt worden.
Drei Personen in Zivil hätten sie in ein Auto gezerrt, seitdem sei über ihren Aufenthalt nichts bekannt. Die Polizei habe eine Anzeige von Augenzeugen der Entführung nur sehr unvollständig, also offenbar unwillig, entgegen genommen.
Dieses Vorgehen ist für Arbeitsplatzauseinandersetzungen in China, wo Streiks keine Seltenheit sind, ungewöhnlich repressiv. Laut Labournet.tv führen die Aktivisten vor Ort dies auf den Charakter der Forderungen zurück. Der Kampf der Arbeiter geht nicht nur um Lohnfragen, sondern ihre Forderung nach einer unabhängigen Vertretungen trifft einen Nerv der regierenden KP.
Mit sozialen Protesten hat diese gewöhnlich kein allzu großes Problem. Auch kritische Diskussionen sind im Internet und in akademischen Kreisen durchaus üblich. Forderungen nach unabhängigen Organisationen, die sich womöglich sogar landesweit vernetzen, sind jedoch tabu. Dies ist eine der roten Linien, die im heutigen China nicht überschritten werden darf.