China: Kein passiver Zuschauer mehr
Chinesische Parteizeitung fordert vor Trump-Besuch eine Neudefinition der Beziehungen zwischen den beiden Supermächten
Eine gute Woche vor dem bevorstehenden Besuch des US-Präsidenten Donald Trump in der Volksrepublik China fordert ein Kommentator der Global Times eine Neudefinition der Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Das Blatt ist das internationale Sprachrohr der regierenden Kommunistischen Partei.
China werde bis zur Mitte des Jahrhunderts "eine große sozialistische Gesellschaft" aufbauen. Gemeint ist damit, dass der Lebensstandard im Land der Mitte auf mitteleuropäisches Niveau gehoben werden soll und die Wirtschaftsmacht des Landes entsprechend weiter zulegt.
2016 lag das chinesische Bruttosozialprodukt bei gut 11 Billionen US-Dollar, womit es die weltweit zweitgrößte Ökonomie nach den USA besaß. Allerdings könnte die chinesische Währung in den nächsten Jahren weiter gegenüber US-Dollar und Euro an Wert gewinnen, womit allein schon dadurch Chinas wirtschaftliches Gewicht zusätzlich zunehmen würde.
So oder so werden sich die USA und Westeuropa jedenfalls darauf einstellen müssen, dass ihre seit 1990 konkurrenzlose Hegemonie zu Ende geht. Der Beitrag in der Global Times macht deutlich, dass China gedenkt, den Zuschauerrang in der Weltgeschichte zu verlassen, mit dem es sich seit dem Beginn der 1980er begnügt hatte. Man habe militärische Reformen auf den Weg gebracht, "um eine Weltklasse-Armee aufzubauen".
Vor diesem Hintergrund macht der Kommentator darauf aufmerksam, dass die Volksrepublik und die USA zum einen voneinander profitieren könnten. Die wachsende chinesische Mittelklasse wolle US-Produkte kaufen und die USA könne ihre Infrastrukturprobleme mit chinesischem Know-how angehen.
Zum anderen müssten die Kommunikationswege zwischen den beiden Regierungen weiter ausgebaut werden, um mögliche Spannungen zu vermeiden. Interessanterweise meint der Kommentator, dass die Beziehungen unter Donald Trump stabiler geworden seien. Die von diesem und dem chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping im April vereinbarten vier hochrangigen Austauschmechanismen würden bestens funktionieren.
Gleichzeitig verweist der Global-Times-Beitrag ausdrücklich auf die vom gerade zu Ende gehenden Parteitag der chinesischen KP gefestigte Postion Xi Jinpings. "Die vom Westen erwartete Liberalisierung wird es in absehbarer Zeit nicht geben", so die explizite Botschaft. Xi hatte in den ständigen Ausschuss des Politbüros der KP, das den inneren Kreis der Macht in Beijing darstellt, fast ausschließlich enge Vertraute berufen.
Besonders auffällig war dabei, dass keiner der Aufrücker als offensichtlicher künftiger Erbe erscheint. Die chinesische Führung hat seit den 1990er Jahren alle zehn Jahre die Spitze ausgewechselt, wobei die Nachfolger meist schon Jahre vorher ausgesucht wurden.
Xi, der sein Amt 2012 angetreten hatte, war zuvor schon Vizepräsident und den Beobachtern war schon 2007 klar gewesen, dass er dafür ausgesucht worden war. Ein Abweichen von dieser Praxis deutet daraufhin, dass die KP-Führung sich darauf geeinigt hat, die Macht in dem Riesenland in der bevorstehenden schwierigen Übergangsphase stärker zu zentralisieren und Kontinuitäten zu stärken.