China: Volkskongress eröffnet
Mammut-Parlament beginnt Jahrestagung. Änderungen an Verfassung werden beraten. Mehr Markt und Amtszeitverlängerung für den Präsidenten geplant
In der Volksrepublik China beginnt heute die jährliche Tagung des Nationalen Volkskongresses, des mit 2980 Delegierten größten Parlaments der Welt. Ein Parlament allerdings, das nicht aus direkten Wahlen hervorgeht, sondern dessen Delegierte meist von den Parlamenten der Provinzen, autonomen Gebieten sowie jenen der direkt der Zentralregierung unterstehenden Metropolregionen entsendet werden.
Auch die Armee schickt 265 Abgeordnete. Weitere rund 250 Sitze sind für die zentrale politische Führung reserviert. Mit knapp 25 Prozent ist der Frauenanteil unter den Parlamentariern zwar noch immer sehr gering, aber höher als bei deutschen Rechtsradikalen oder in den beiden Häusern des US-Parlaments.
Der Volkskongress tritt nur einmal im Jahr zusammen. Er teilt sich seine legislative Funktion mit dem von ihm gewählten Ständigen Ausschuss, der wie der Name es schon sagt, das ganze Jahr über tagt und unter anderem die Aufgabe hat, zweitrangige Gesetze zu verabschieden. Zu den Aufgaben des Volkskongresses gehört es hingegen, den Präsidenten zu wählen, was in diesem Jahr mit der Bestätigung des Amtsinhaber Xi Jinping geschehen wird.
Ebenso gehören Verfassungsänderungen zu den Aufgaben des Mammut-Parlaments. Auf der diesjährigen Tagesordnung steht ein Vorschlag der Kommunistischen Partei. Dieser schreibt die weitere Öffnung des Landes und nicht spezifizierte Reformen als Verfassungsziel fest. Eine in der Vorbereitung des Kongresses verabschiedete Resolution des Zentralkomitees der KP lässt darauf schließen, das mit "Reform" ähnlich wie hierzulande die weitgehende Liberalisierung des Wirtschaftslebens gemeint ist.
Der Markt solle die entscheidende Rolle bei der Verteilung der Ressourcen spielen, heißt es dort. Mit der Verfassungsänderung, die heute vorgestellt und nächste Woche abgestimmt wird, wird außerdem Umweltschutz erstmalig zur verfassungsmäßigen Aufgabe der Zentralregierung gemacht.
Ebenfalls verhandelt wird über einen anderen Vorschlag der KP, mit dem die bisherige Amtszeitbegrenzung des Präsidenten auf zwei Legislaturperioden, also zehn Jahre, aufgehoben wird. Das berichtet unter anderem die in Hongkong erscheinende South China Morning Post. Bisher sieht die Verfassung der Volksrepublik vor, dass der Präsident und sein Stellvertreter nur für maximal zwei aufeinander folgende fünfjährige Amtsperioden gewählt werden können.
Dass Amtsinhaber Xi Jinping eine solche Änderung anstreben wird, war erwartet worden. Nur der Zeitpunkt überrascht einige Beobachter. Immerhin soll seine zweite Amtsperiode gerade erst beginnen. Nachdem er auf dem letzten Kongress der KP als deren Vorsitzender bestätigt wurde, wird ihn der einmal im Jahr zusammentretende Volkskongress allen Erwartungen nach erneut zum Präsidenten wählen.
Ob Xi sich damit auf Dauer als mächtigster Mann an der Spitze der Volksrepublik installieren will, ist aber noch offen. Seine Macht hat er nicht so sehr als Präsident, also als formales Staatsoberhaupt, sondern als KP-Vorsitzender und als Chef der Militärkomitees von Partei und Staat. Diese Ämter sind seit Beginn der 1990er stets in einer Hand gewesen und wurden alle zehn Jahre weiter gereicht. Vermutlich soll diese Personalunion aber erhalten bleiben, womit Xi auf unbestimmte Zeit die Zügel in der Hand behielte.