Columbo ohne Trenchcoat
Österreich: Weg frei für eine Abschaffung der Studiengebühren
Der SPÖ-Parteichef Werner Faymann sieht ein bisschen aus wie Inspektor Columbo ohne Trenchcoat. Und seit heute weiß man, dass der österreichische Politiker und der Fernsehpolizist möglicherweise nicht nur optisch etwas gemeinsam haben. Columbo ist dafür bekannt, seine Verdächtigen durch vermeintlich tollpatschiges und unterwürfiges Verhalten in falscher Sicherheit zu wiegen, um dann unwerwartet "zuzuschlagen". Werner Faymann scheint in der Frage der Nutzung offener Mehrheiten zu Durchsetzung von Wahlversprechen ähnlich vorzugehen.
Als der SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal unmittelbar nach dem Platzen der großen Koalition im Juli ankündigte, dass nun die Studiengebühren abgeschafft werden könnten, dementierte Faymann dies in so scharfer Form, dass Broukal seinen Hut nahm. Die SPÖ-Nationalratsfraktion, so der Politiker, werde vor den Wahlen nicht gegen den ehemaligen Koalitionspartner ÖVP stimmen. Gestern kündigte Faymann an, dass er mit seiner Partei noch vor den Wahlen ein aus fünf Maßnahmen bestehendes Anti-Teuerungs-Paket einbringen werde, bei dem alle Parteien mitstimmen könnten. Eine der fünf Maßnahmen ist die Abschaffung der Studiengebühren.
Während die ÖVP erwartungsgemäß mißmutig reagierte, signalisierten die Oppositionsparteien Grüne und FPÖ bereits grundsätzliche Zustimmung für diese Abschaffung. Weniger breit dürfte die Mehrheit für die von den Grünen abgelehnte Halbierung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel werden, die mit voraussichtlich 750 Millionen der mit Abstand teuerste Punkt des auf insgesamt 1,3 Milliarden Euro veranschlagten Pakets ist. Weiterhin vorgesehen ist eine Verlängerung der "Hacklerregelung" bis 2013, eine Erhöhung der Familienbeihilfe und Verbesserungen für Pflegebedürftige.