Das Braunkohle-Paradoxon

Ostdeutsche Länder fordern EEG-Umlagebefreiung für Braunkohle - und Agora analysiert das Paradoxon zunehmender Treibhausgasemissionen trotz steigenden Anteils erneuerbarere Energien

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Die Regierungschefs der ostdeutschen Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg haben sich mit einem Bittbrief an Angela Merkel gewandt. Ihr Wunsch: Die Regierungschefin möge sich für eine weitergehende Privilegierung der Braunkohleförderung bei der EEG-Umlage einsetzen.

Der Aufhänger ist, dass die EU nach Überprüfung der bisherigen EEG-Umlagebefreiungen in Deutschland für die Weiterführung dieser Subventionspraxis auf Kosten der privaten Stromkunden und kleinen Betriebe zwar grünes Licht gegeben hat, aber diese auf eine Liste von Branchen begrenzt. Nach Berechnungen des Handelsblatts zahlt ein Durchschnittshaushalt mit einem Stromverbrauch von 3.500 kWh bisher pro Jahr 45 Euro extra als Kostenübernahme der Industrierabatte.

Die briefschreibenden Ministerpräsidenten forderten jetzt, die Bundesregierung solle für die deutschen Braunkohleunternehmen gleichwertige Ausnahmen zulassen. Konkret gemeint sind damit neue Subventionen an anderer Stelle. Dirk Adams, der energiepolitische Sprecher der Thüringer Grünen-Landtagsfraktion, nannte es darauf hin "schier unerträglich", wie sich die Ministerpräsidenten als Lobbyisten der Braunkohleindustrie betätigen.

Die Folgen der zunehmend inkonsequenten Energiepolitik, dass trotz des steigenden Anteils erneuerbarer Energien gleichzeitig die Treibhausgasemissionen in Deutschland wieder zunehmen, bezeichnet die von der Stiftung Mercator und der European Climate Foundation ins Leben gerufene Initiative Agora Energiewende als das "Energiewende-Paradoxon". Grund dafür ist nach Ansicht der Initiative die Förderung der Braunkohleverstromung bei gleichzeitig fehlenden CO2-Reduktionen in den Bereichen Wärme, Verkehr und Industrie.

Zumindest im Ausland will der Bund jetzt aber aus der Kohlekraftfinanzierung aussteigen: Wirtschafts-Staatssekretär Rainer Baake sagte auf Anfrage der Grünen, die Bundesregierung prüfe ein Ende der Kohlekraftwerksförderung. Sie läuft bisher über die KfW Bank als Beteiligung an neuen Kohlekraftwerken in China, Serbien, dem Kosovo und der Mongolei. Seit 2006 wurde dort mit 2,8 Mrd. Euro gefördert. Allerdings ist Deutschland mit seinem angedachten Förderstopp für Kohlekraftwerke schon wieder Nachzügler. Die USA, Großbritannien, Frankreich, die Niederlande, Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, Island, die Weltbank und die Europäische Investitionsbank haben sich inzwischen bereits dazu verpflichtet, aus der internationalen Finanzierung von Kohleprojekten auszusteigen.