Deutschland und Russland sprechen wieder
Petersburger Dialog in Berlin erstmals seit Jahren mit Beteiligung von Regierungsseite
Trotz anhaltender Spannungen zwischen Deutschland und Russland sind am Donnerstag und Freitag dieser Woche rund 300 Vertreter beider Staaten beim sogenannten Petersburger Dialog in Berlin zusammengekommen. Das jährliche stattfindende Forum ist darauf angelegt, gemeinsame Interessen auszuloten. In diesem Jahr fanden Arbeitsgruppen zu zehn Themenbereichen statt, darunter neben den offensichtlichen – Politik und Wirtschaft – auch zu Zivilgesellschaft, Medien und ökologischer Modernisierung. Das von transatlantischer Seite heftig kritisierte Forum wurde erstmals seit der Krim-Krise 2014 mit offizieller Regierungsbeteiligung ausgerichtet: Von deutscher Seite nahm Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) teil, Russlands Regierung entsandte Vize-Wirtschaftsminister Aser Talibow.
Gegründet worden war der Petersburger Dialog 2001 vom heute wieder amtierenden russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem damaligen deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). In den Nato-Staaten stand das Forum von jeher heftig in der Kritik, die maßgeblich mit der russischen Interessenpolitik in Osteuropa und dem Nahen Osten begründet wird. Fürsprecher des Petersburger Dialogs argumentieren mit der Notwendigkeit, Gesprächsforen zu nutzen, um Krisen präventiv zu begegnen.
Ähnlich äußerte sich nun der deutsche Vorsitzende der Veranstaltung und ehemalige Kanzleramtschef Ronald Pofalla. Bei recht offener Kritik an der russischen Politik etwa in Syrien, die er als "zynisch" bezeichnete, betonte auch er die Notwendigkeit, bestehende Differenzen mit Russland zu diskutieren. Zudem sei zu spüren, "dass die russische Seite inzwischen besser mit Kritik umgehen kann", so Pofalla. Auch hob er den Vorschlag von Präsident Putin hervor, den eingefrorenen Konflikt im Osten der Ukraine mit der Stationierung von UN-Blauhelmen zu befrieden, um ihn einer Lösung näher zu bringen.
Beim Auftakt des diesjährigen Petersburger Dialogs wies der russische Vorsitzende Viktor Subkow Vorwürfe zurück, nach denen das Gremium unter direktem Einfluss der russischen Regierung stehe. "Glauben Sie mir, dass sich die Regierung hier nicht einmischt", sagte er. Die rund 150 Teilnehmer aus Russland seien Vertreter der Zivilgesellschaft, die ihre Meinung frei vertreten.
Der Petersburger Dialog könnte sich damit nach schwierigen Jahren und der einmaligen Absage 2014 wieder zu einem Gremium des bilateralen Austauschs entwickeln, was vor allem angesichts der Nato-Politik in Osteuropa wichtig wäre, um gefährliche Zuspitzungen abzuwenden. Immerhin war es nach dem Abtritt des ehemaligen deutschen Vorsitzenden Lothar de Maizière (CDU) 2015 gelungen, das Forum zu retten. Kurzzeitig war damals eine Übernahme durch den Transatlantiker Ruprecht Polenz (CDU) im Gespräch. Polenz, der auch Mitglied in der Nato-nahen Deutschen Atlantischen Gesellschaft ist, wollte den Petersburger Dialog massiv verändern.