Die FED drückt sich weiter um versprochene Normalisierung

Die US-Notenbank hat die Leitzinsen erneut nicht angehoben, was zu immer deutlicherer Kritik führt

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Es gab tatsächlich Zeitgenossen, die eine Überraschung von der US-Notenbank (FED) erwartet hatten, also dass sie die Leitzinsen doch anheben würde.

Das war unwahrscheinlich, weil die FED-Chefin Janet Yellen bisher noch jede Ausrede genutzt hat, um die im vergangenen Dezember versprochene "Normalisierung" der Leitzinsen weiter zu verschieben. Deshalb fiel die Überraschung aus. Die FED beließ auf der sechsten Sitzung ihres Offenmarktausschusses in Folge den Leitzins unverändert in einer Spanne zwischen 0,25 und 0,5%. Damit entfernt sich die US-Notenbank noch weiter von ihren Ankündigungen im vergangenen Dezember, als sie die Nullzinspolitik nach fast zehn Jahren aufgegeben und die Zinsen auf die derzeitige Spanne angehoben hatte. Demnach sollten die Zinsen 2016 "graduell" auf bis zu 1,5% und 2017 sogar bis auf 2,5% steigen, um "Anpassungsschocks" zu vermeiden.

Waren es im Juni die Ängste vor dem Brexit, die angesichts einer schwächelnden Weltkonjunktur nach Ansicht von einigen sogar zu einem "Schock" hätte führen können, wurden im April vor allem ebenfalls Sorgen um die Weltwirtschaft angeführt. Allerdings, das ist auch der FED klar, ist von einem Brexit-Schock, von dem auch der Internationale Währungsfonds fabuliert hatte, nichts zu sehen, es gibt sogar positive Entwicklungen in Großbritannien zu sehen und der Brexit taucht auch in der Argumentation nicht mehr auf.

Klar ist, dass der Unmut innerhalb und außerhalb der FED größer wird, dass die Versprechen nicht eingehalten werden. Gab es im April nur eine Gegenstimme, waren es nun schon drei der zehn stimmberechtigten Ausschussmitglieder, die für eine Zinsanhebung eintraten. In der Erklärung derer, die den Kurs von Yellen unterstützen, wird erklärt, man wolle "vorläufig" weitere Belege für eine Entwicklung hin zu Vollbeschäftigung und Preisstabilität abwarten. Eigentlich dürfte die Beschäftigungssituation nicht mehr angeführt werden, denn früher wurde offiziell eine Arbeitslosigkeit von 5% für Zinsschritte angegeben. Tatsächlich spricht auch die FED von einem "soliden" Stellenzuwachs, allerdings merkt sie an, dass sich Arbeitslosenquote in den letzten Monaten kaum bewegt habe. Die offizielle Quote liegt derzeit bei 4,9%.

So wird vor allem auf die offizielle Inflation abgestellt. Die liegt mit 1% allerdings deutlich näher an der Zielmarke von 2%, bei der von "Preisstabilität" ausgegangen wird, als die 0,2% im Euroraum. "Die Investitionen in die Wirtschaft bleiben weich, sowohl im Energiesektor als auch darüber hinaus", ist eine weitere Begründung von Yellen. Es ist klar, dass die US-Notenbank weiter Angst hat, tatsächlich Mut zu zeigen und zu einer normalisierten Geldpolitik zurückzukehren.

Eine "historische Zinswende" von der schon im vergangenen Dezember gesprochen wurde, ist weiter nicht in Sicht. Ob es im Dezember nun tatsächlich einen zweiten kleinen Zinsschritt nach oben gibt, wie nun allseits erwartet wird, darf dagegen bezweifelt werden. Ausreden, um die Geld-Junkies nicht vom billigen Geld abzuhängen, dürften auch dann zu finden sein. Und ohnehin sind da noch die Wahlen im November, die für Turbulenzen sorgen könnten.