Die Top Ten sehen anders aus
Man könnte den Geschichten aus dem anderen Kontinent einfach so aufsitzen. Auch denen von den Charts. Aber das lässt sich ändern
Kleiner Selbsttest. Wir setzen uns einmal mit einer Tasse Tee hin und schreiben alles auf, was wir über den Einsatz von Mobile Phones in Afrika wissen. Wir haben ja alle schon die spannenden Geschichten gehört, wie dort erst gar nicht telefoniert wird, sondern man legt einfach sofort wieder auf, nur damit der Gegenüber die Anruferliste durchsucht und versteht, dass man ein Signal für ihn hinterlegt hat. Und wir haben vom Telefonbanking in Afrika gehört. Und davon, dass es eine Menge an interessanten Low -Tech-Lösungen für vielleicht nicht ganz so neue Mobile Phones gibt, damit der Markt auf dem "schwarzen Kontinent" wächst und gedeiht.
Schön, schön, da haben wir uns wieder prächtig eingelullt, wie innovativ und edel der Markt in der dritten Welt funktioniert. Aber wir blenden vielleicht etwas aus, auf das Victor Odundu Owuor hinweist. Smartphones sind vor allem auch daher ein großer Renner, weil es sich prächtig damit Sportwetten abschließen lässt. Und das scheint der große Renner auf dem afrikanischen Markt zu sein. 54 Prozent der Jugendlichen in der Substanz Sahara beteiligen sich zum Beispiel an Sportwetten. Und die werden nicht mit Kreide in die Savanne geschrieben. Das mobile Telefon spielt hier eine große Rolle. Und darüber sollten wir jetzt nicht so enttäuscht tun.
In "unserer" Welt hält Pornografie einen großen Anteil an gängigen digitalen Inhalten und hat mehrere Male technische Standards geprägt. Fast will man meinen, es gilt der klassische Standardsatz bei der Adaption von technischen Medien:
"Ich würde gerne mehr über Philosophie lesen, und Sex, Spiele und so wären auch ganz OK – wenn ich mal mit letzterem bitte anfangen dürfte."
Die gängigen Zahlen von Unique Usern pornografischer Inhalte im Westen und von Sportwetten in Afrika decken sich vielleicht nicht mit den offiziellen Charts der meistgenutzten Services, aber das könnte auch in anderen Bereichen zutreffen.
Hier passt eine Meldung des Audiostreamers Spotify, man wolle jetzt auch die eigenen Top 10 veröffentlichen. So wie die offiziellen Charts bei der Zusammenführung von CD-Verkäufen von Pop- und Volksmusik auch ein wenig ins Schlingern kommen, könnten sich die Top 10 von Spotify plötzlich ganz anders lesen als die, die man zu kennen glaubt.
Ich gebe zu, daran ist dann vermutlich auch mein Sohn nicht ganz unschuldig, der seit zwei Wochen permanent "In der Weihnachtsbäckerei" ablaufen lässt. Spotify, es tut mir leid, ich hätte ihm keinen Familienaccount einrichten sollen. Wir können nur hoffen, dass er nicht auch noch Sportwetten über das iPad in Gang bringt und die IP-Sperre für Pornografie überlistet.