Die selbsternannte "Elite" und das gemeine Volk vor der Schweinegrippe
Die Regierung erhält mitsamt den Mitarbeitern der Ministerien einen anderen Impfstoff als das Volk - das erzeugt Misstrauen und Ärger.
In Deutschland zieht das Zwei-Klassen-System nun ganz offiziell als Regierungspolitik ein. Während die Regierung für das gemeine Volk 50 Millionen Pandemrix-Impfdosen mit Wirkverstärker vom Pharmakonzern Glaxosmithkline bestellte, orderte man für das Kabinett, die Bundesbehörden und die Bundeswehr 200.000 Celvapan-Impfdosen von Baxter. Sie sind ohne Wirkverstärker und sollen verträglicher sein. Auch der dritte zugelassene Impfstoff Focetria enthält Adjuvantien.
Der Spiegel hatte zuerst Kenntnis erhalten, dass die Regierungsmitglieder sich einen Sonderimpfstoff zugedacht haben, der vom Bundesinnenministerium schon länger bestellt wurde. Das wäre wohl am besten stillschweigend geschehen. Zwar würden die Menschen vermutlich noch akzeptieren, dass Soldaten, zumal wenn sie im Einsatz sind, oder Angehörige der Sicherheitskräfte und des Gesundheitsbereichs den womöglich "besseren" Impfstoff erhalten, aber nicht das Kabinett, die Beamten der Ministerien und der nachgeordneten Behörden.
Der Spiegel hatte berichtet, dass sich auch die Mitarbeiter des für die Impfstoffzulassung zuständigen Paul-Ehrlich-Instituts lieber Celvapan bestellt hätten. Das Institut betont jedoch, "dass diejenigen Mitarbeiter des Paul-Ehrlich-Instituts, die im Rahmen des PEI-Pandemieplans zu den vorrangig zu impfenden Personengruppen zählen, den Impfstoff Pandemrix erhalten werden". Das habe man schon vor einer Woche entschieden. Auch die Leitung werde mit Pandemrix geimpft. Zudem wird versichert, dass die Zusatzstoffe sicher seien, weil man dies schon von anderen Impfstoffen wisse. Mit keinem Wort wird aber erklärt, warum die Regierungsmitglieder dann nicht auch Pandemrix erhalten.
Der Verdacht ist freilich gesät. Sich heimlich einen anderen Impfstoff zu ordern, erzeugt Misstrauen derjenigen, die ihn nicht erhalten. Daran dürfte nun auch nicht mehr viel ändern, dass Bundesländer nun nach dem Skandal den Impfstoff ohne Wirkverstärker nachbestellen wollen.
Die Massenproduktion geht an die Masse, der selbsternannten Elite stehen Privilegien zu, auch wenn es sich um gewählte Repräsentanten des Volkes handelt, die mit gutem Beispiel vorangehen und nicht in erster Linie an sich selbst denken sollten. Die Verstärker waren notwendig, weil die Antigen-Menge (Splatvirus) reduziert wurde, um den Impfstoff schneller herstellen zu können, während Celvapan mit einem Ganzvirus produziert wurde.
Es mag durchaus sein, dass alle drei zugelassenen Impfstoffe ähnlich sicher sind, wie eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums der Süddeutschen Zeitung erklärte: "Alle Impfstoffe sind von Europas höchsten Experten zugelassen worden. Sie sind in Wirksamkeit, Qualität und Verträglichkeit alle vergleichbar. Es gibt keinen besseren und keinen schlechteren Impfstoff." Auch das beantwortet nicht die Frage, warum das Volk den einen Impfstoff und die "Regierungselite" den anderen erhält. Genauso hatte man schon vor ein paar Tagen argumentiert, aber nicht erwähnt, dass das Volk anders behandelt wird als die Regierung.
Pandemrix und Focetria enthalten nicht nur Wirkverstärker, sondern auch Thiomersal, eine angeblich gänzlich ungefährliche organische Quecksilberverbindung, wie die SZ berichtet. Das dient der Konservierung, weswegen Celvapan schneller zerfällt. die zur Konservierung verwendet wird. Celvapan verdirbt deshalb deutlich schneller. Stehen also einfach Kostengründe hinter der Entscheidung, die auch dann wieder auf eine Zwei-Klassen-Gesellschaft hinausliefe, in der die vermeintlichen "Leistungsträger" oder "systemischen" Funktionäre einfach bevorzugt behandelt und geschützt werden müssen, während die anderen mit dem erhöhten Risiko leben müssen?
Um Missverständnisse auszuräumen müssten sich Merkel, Steinmeier, Schmidt, Schäuble, Guttenberg oder Westerwelle demonstrativ und glaubhaft mit dem Volksimpfstoff impfen lassen. Auf den Webseiten der Ministerien finden sich noch keine Erklärungen.