E.on schwenkt um
Sensation oder nur Auslagerung in eine Art Bad Bank? Der achtgrößte Energiekonzern der Welt kündigt den vollständigen Umstieg auf Erneuerbare, Ethno-Marketing und Netzdienstleistungen an - die AKWs und alle fossil betriebenen Kraftwerke sollen verkauft werden.
Der Energiekonzern E.on hat angekündigt, sich ganz von seinem atomar-konventionellem Kraftwerkspark zu trennen. Er will auf Erneuerbare zu setzen und sich in Zukunft vor allem als Energiedienstleister betätigen. Es ist eigentlich eine Sensation, dass einer der größten Energiekonzerne so vollständig umschwenkt. Und sie zeigt, dass die Zeichen der Zeit auch in einer Konzernzentrale gesehen werden.
Denn schon längst besteht kein Bedarf mehr an neuen Grundlastkraftwerken und noch mehr Stromerzeugung, sondern in erster Linie an neuen Methoden bedarfsgerechter Steuerung und der Koordination von Stromerzeugung und Stromverbrauch. Statt dessen war E.on in letzter Zeit mit seinem neuen Ansatz des Ethno-Markteings - z.B. mit seinem Tarif "Enerji Almanya" - bei Leuten mit türkischen Wurzeln sehr erfolgreich. Das ist zwar mühsamer als das bisherige bequeme Geschäft mit Bestandskunden, aber in Deutschland gibt es allein rund eine Million türkische Haushalte und ihre Konsumausgaben werden auf rund 17 Mrd. Euro im Jahr geschätzt.
Zudem droht der Kraftwerkspark des Konzerns in den nächsten Jahren deutlich an Wert zu verlieren. Die AKWs gehen demnächst ganz vom Netz. Und auch mit den Kohlekraftwerken lässt sich an der Börse immer weniger Geld verdienen: Die Preise für Grundlaststrom fielen in den letzten vier Jahren um die Hälfte. Bei den Privatkunden ist davon nichts angekommen. Stattdessen hat E.on seine Gewinne relativ glücklos in Beteiligungen innerhalb der EU gesteckt. Immerhin gibt es für diese Kraftwerke - u.a. in Italien und Spanien - schon Kaufinteressenten.
Für E.ons Atomkraftwerke scheint es dagegen auf eine Art "Kraftwerks-Bad-Bank" hinauszulaufen. Es könnte sein, dass sie in eigenständige Gesellschaften ausgelagert werden, die die Abriss- und Ewigkeitskosten nicht zahlen können, weshalb sie schließlich der Steuerzahler übernehmen muss. Diese Befürchtung äußerte die Grünen-Politikerin Bärbel Höhn im Spiegel.
So ganz falsch dürfte sie damit nicht liegen, denn auch E.on drückt ein Schuldenberg von 31 Mrd. Euro. Jetzt gilt es nur noch die Absolution der Systemrelevanz, das "too big to fail"-Prädikat, zu bekommen. Dann dürfte das Auslagern von der Politik akzeptiert werden - die Finanzindustrie hat es ja weltweit in der Krise seit 2008 vorgemacht.