EEG: Kabinett verabschiedet Gesetzentwurf

Kritiker monieren eine "hochproblematische Entscheidung", die den Klimaschutz schädigt und die Akzeptanz der Energiewende untergräbt

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Das Bundeskabinett hat am heutigen Mittwoch den Entwurf einer Neufassung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) beschlossen, den es noch vor der Sommerpause von Bundestag und -rat beschließen lassen möchte.

Wesentliche Merkmale des Gesetzes sind, wie bereits mehrfach berichtet, zum einen eine allgemeine Ausweitung der Ausschreibungspflicht, die für Biogasanlagen künftig ab 0,15 Megawatt (MW), für alle Solar- und landgestützten Windkraftanlagen ab 0,75 MW sowie für Windkraftanlagen auf See gelten wird. Die nach der entsprechenden EU-Richtlinie mögliche Ausnahme für Windparks bis 18 MW wird, trotz heftiger Kritik, nicht wahrgenommen.

Zum anderen wird der Ausbau derart begrenzt, dass der Anteil des Grünstroms bis 2025 auf 40 bis 45 Prozent des Bruttostromverbrauchs beschränkt wird. Derzeit beträgt er bereits 33 Prozent und die Beschränkung kommt einer erheblichen Verlangsamung des Ausbautempos gleich. Die Erneuerbaren werden in den nächsten zehn Jahren, sollte der Plan der Bundesregierung langfristigen Bestand haben, gerade den Anteil der bis 2022 abgeschalteten Atomkraftwerke übernehmen und nichts zur Reduktion der Treibhausgase beitragen.

Die Ausschreibungspflicht wird mit ziemlicher Sicherheit für kleine Energiegenossenschaften und Bürgerprojekte das Engagement erheblich erschweren. Unter anderem wegen der größeren Unsicherheit, die durch die Teilnahme an einer Ausschreibung entstehen, bei der man nie weiß, ob man den Zuschlag bekommen wird, aber dennoch einen erheblichen Aufwand für Planungen und Genehmigungen hat, die vorher eingeholt werden müssen.

Das Bundeswirtschaftsministerium geht in seiner Begründung des Entwurfs davon aus, dass sich für die Antragsteller Kosten von insgesamt jährlich 24 Millionen Euro und für den Bund in Höhe von 22 Millionen Euro im Jahr ergeben. Ob tatsächlich, wie versprochen, die Einspeisevergütungen wesentlich geringer ausfallen werden, bleibt abzuwarten und ist eher fraglich.

Nachfolgend einige kritische Stimmen zum Entwurf:

"Diese EEG-Reform treibt den Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht voran, sondern schränkt ihn ein. Sie greift zudem das demokratische Wesen der Energiewende an: Sie bricht Bürgerenergiegenossenschaften das Genick und rollt großen Finanzinvestoren den roten Teppich aus."

Eva Bulling-Schröter, energiepolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag

Die Linkspartei kritisiert insbesondere die Gefährdung der Windenergie. Deren Ausbau auf brutto 2.800 MW im Jahr zu begrenzen, werde ab 2020 zum Erliegen des Zubaus führen. Ab dann stünden nämlich immer mehr Altanlagen zum Rückbau an - die Zahlung der garantierten Einspeisevergütung ist auf 20 Jahre begrenzt - und der Neubau werde dann mehr oder weniger nur noch diese Anlagen ersetzen können.

Zudem kritisiert die Oppositionspartei erneut die Befreiung der energieintensiven Unternehmen von der EEG-Umlage. Deren Anteil an den Kosten der Energiewende – derzeit rund fünf Milliarden Euro jährlich – würden allein den privaten Stromkunden aufgebürdet.

"Jedes ausufernd reglementierende Eingreifen in den laufenden Prozess der Transformation unseres Energiesystems führt zu Kollateralschäden, die schwer zu überschauen und langfristig verheerend sein können. Heute bringt die Bundesregierung einen tiefgreifenden Systemwechsel beim Zubau Erneuerbarer Kapazitäten auf den Weg. Von einem preisgetriebenen EEG-System wird auf eine restriktive Mengensteuerung über Ausschreibungen umgestellt. Die drohenden zusätzlichen regulatorischen Eingriffe, wie eine Einmaldegression, unterschiedliche Ausbauszenarien in bestimmten Netzgebieten oder zusätzlichen Risiken für die Vergütung etwa bei negativen Strompreisen, werden diesen Systembruch weiter belasten."

Hermann Albers, Präsident Bundesverband WindEnergie

Das neue Modell werde kleine Akteure systematisch benachteiligen und schaffe einen Schutzraum für die konventionelle Energiewirtschaft, so Albers weiter. Das sei eine "hochproblematische Entscheidung" und untergrabe die Akzeptanz der Energiewende. Der Verband fordert alternativ dazu, die Windenergie stärker in das System zu integrieren und ihr zum Beispiel auch Aufgaben der Netzstabilisierung zu übertragen.

Außerdem tritt der Verband schon seit längerem dafür ein, die erneuerbaren Energieträger verstärkt mit anderen Energiesektoren zu verknüpfen. Gedacht ist dabei unter anderem an den Einsatz von Grünstrom im Verkehr, Power-to-Gas-Anlagen, die Wasserstoff und Methan synthetisieren, oder an den Einsatz von Stromspitzen in Blockheizkraftwerken.

"Wirtschaftsminister Gabriel will mit seiner EEG-Novelle die Demokratisierung der Energieversorgung stoppen und den Ausbau der Erneuerbaren Energien ausbremsen. Mit den vorgesehenen Ausschreibungsverfahren versucht Gabriel ausgerechnet jene Energiekonzerne zu schützen, die die Energiewende verschlafen und verhindert haben. Dieser Kurswechsel geht zulasten der Bürgerenergie-Bewegung, die in den letzten Jahren in ganz Deutschland in die Erneuerung unserer Energieversorgung investiert hat. Der Kurs der Regierung schadet damit nicht nur dem Klimaschutz. Gabriels Reform behindert auch technologische Innovationen in den vielen kleinen und mittleren Unternehmen der Erneuerbaren-Branche und gefährdet die hohe Zustimmung der Menschen zur Energiewende. Für den Klimaschutz und für bessere regionale Wertschöpfung brauchen wir mehr Erneuerbare Energien und nicht weniger."

Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

Die erste Lesung des Entwurfs im Bundestag findet am 23.6. statt. Noch am gleichen Tag soll es im Wirtschaftsausschuss eine Anhörung zum Gesetzesvorhaben geben, sodass der Bundestag schon am 8. Juli abschließend beraten und abstimmen kann. Alles schön während die Öffentlichkeit sich ganz auf den rollenden Ball konzentriert. Wichtige und unpopuläre Gesetzesvorhaben während großer Fußballmeisterschaften zu verabschieden, hat ja inzwischen eine gewisse Tradition in Deutschland.