EU-Gipfel soll Weg aus der Krise weisen

Man darf gespannt sein, wie lange Bundeskanzlerin Merkel die heute im Bundestag vertretenen Positionen aufrecht erhält.

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Auf dem EU-Gipfel wollen die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Mitgliedsstaaten den Weg aus der Finanz- und Wirtschaftskrise weisen, wenn sie sich ab heute Nachmittag in Brüssel zusammenkommen. Am Morgen hatte die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Bundestag ihre Positionen dargelegt. Sie lehnt – wieder einmal – neue Konjunktur- und Rettungspakete ab. Es dürfe "keinen Überbietungswettbewerb der Versprechungen" geben. Deutschland habe seinen Beitrag geleistet, und der müsse jetzt erst einmal wirken, sparte Merkel nicht mit Eigenlob.

 Angela Merkel sprach zum EU- und G20-Gipfel. Bild: DBT/photothek.net
Angela Merkel sprach zum EU- und G20-Gipfel. Bild: DBT/photothek.net

Derlei Äußerungen dürfen ohnehin im Politzirkus nicht sehr zu ernst genommen werden, schließlich hatten Merkel und ihr Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) vor einem Jahr erklärt, eine Krise und Rezession stünden in Deutschland gar nicht an, um inzwischen zwei als Konjunkturpakete getarnte Mittelstandsförderungsprogramme auf den Weg zu bringen, die es eigentlich auch nicht geben sollte.

Ähnlich darf man Merkels Appell für ein abgestimmtes Vorgehen Europas und der großen Industriestaaten (G20) gegen die Krise einordnen: "Wenn die Menschheit daraus nicht die Lehren zieht, dann hat sie nichts verstanden." Doch welche Lehren das sind, sagte sie nicht. Derlei Statements sondert die Bundeskanzlerin gern ab, dabei bremst sie koordinierte Vorstöße aus Paris oder London stets aus, um kurz danach die abgelehnten Maßnahmen doch durchzuziehen: die hart kritisierte Absicherung aller Spareinlagen durch Irland, die Verstaatlichungen von Banken in Großbritannien … und nun ist Merkel ja sogar zur Zwangsverstaatlichung der HRE bereit.

Noch lehnt die Kanzlerin auch die Senkung der Mehrwertsteuer ab. Dabei fordern dies vor den Europaparlamentswahlen immer lauter auch ihre Freunde aus Bayern, nachdem kürzlich die Finanzminister auf Drängen der EU-Kommission eine Absenkung in arbeitsintensiven Sektoren beschlossen haben, um die Konjunktur anzukurbeln. Die CSU will mit der Forderung die 5 %-Hürde überschreiten. Doch die Maßnahme, mit der auch die Menschen mit geringen Einkünften entlastet würden, lehnen Merkel und Steinbrück unisono ab. Die Politiker, die allein 102 Milliarden Euro in der Hypo Real Estate (HRE) versenken, argumentieren mit wegfallenden Einnahmen. Damit machen sie aber unmissverständlich klar, wer für die Rettung von Banken und Großbetrieben aufkommen soll.

So kann das Fazit der Grünen nicht verwundern. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast erklärte zum schwarz-roten Krisenmanagement und den neuen Ankündigungen von Merkel: "Alles Überschriften, kein Text." Der Chef der Linkspartei Lothar Bisky forderte eine vollständige Kontrolle der Finanzmärkte, denn bisher ist auch von der lange angekündigten neuen Finanzarchitektur nichts zu sehen. Merkel plädierte jedoch mit Blick auf den Weltfinanzgipfel in London Anfang April erneut für eine grundlegende Reform des Finanzsystems.